Autor: Reinhard Schmidt (2025)
Seit September 1992 präsentiert sich die Cafestube der Burkhardts in der Form, wie wir sie heute (2025) kennen. Die Tradition des Gebäudes und auch die der Familie der Inhaberin, Kerstin Burkhardt, geb. Greiner, reicht aber viel weiter zurück.
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Das Cafe wird nach umfangreicher Renovierung wieder eröffnet.
Gründer des Geschäftes in der Hauptstraße 35 war Moritz Greiner, auch Post-Moritz genannt. Dessen Spitzname rührte daher, dass er in seinem Kolonialwarenladen seit dem 16.08.1881 auch eine Postagentur betrieb. Besagter Post-Moritz war eine schillernde Persönlichkeit gewesen. Wegen seines unsteten Lebenswandels sollen ihn seine Eltern, der Glasmeister Joh. Friedrich Peter Sebastian Greiner und dessen Frau Dorothea dorthin gewünscht haben, wo „der Pfeffer wächst“. Der junge Tischler (Moritz) wanderte prompt mit seinem Freund Hermann Fleischhauer nach Brasilien aus und schrieb von Südamerika an seine Eltern, er sei nun da, wo der Pfeffer wächst.
Recht wohlhabend kehrte er zurück und übernahm 1871 die Gaststätte (heute „Zum Hirsch“) seines Bruders Ernst Carl Greiner. Eine Zeit betrieb er mit seinem Bruder, dem Christian Friedrich Greiner einen Kramladen in der Bergstraße 3.
![]() Abb. 030 Bergstraße 3; Edmund Greiner (Bruder des Moritz Greiner) mit Familie |
Etwa 1872 eröffnete Moritz Greiner den Kolonialwarenladen in der Hauptstraße 35. Zur Zeit des Tunnelbaus erlebte dieser seine erste Blütezeit.
![]() Abb. 046 Laden des Moritz Greiner Hauptstraße 35 |
Als Moritz Greiners sein Geschäft aufgab, übernahm dieses die Tochter Emmy. Sohn Artur und später dessen Sohn Ernst, genannt Bäcks-Ernst, betrieben parallel zu Emmys Kolonialwarenladen einen Backwarenladen. Hinter dem Gebäude Hauptstraße 35 befand sich das Backhaus.
![]() Links der Backwarenladen des Artur Greiner, rechts der Kolonialwarenladen der Schwester Emmy Scholz |
![]() Artur Greiners Sohn Ernst am Backofen |
Emmy Scholz (geb. Greiner) gab 1959 den Laden auf.
![]() Abb. 1935-016 Unterhalb des Backhauses von Artur Greiner stand bereits 1935 ein Windrad zur Stromerzeugung, das er hier Heinrich Hartwig, Fritz Volckhold und dem Sohn Ernst vorführt |
Wegen einer Mehlunverträglichkeit (Bäckerasthma) verpachtete Ernst Greiner das Backhaus an die Konsumgenossenschaft und baute das gesamte Untergeschoß Hauptstraße 35 zu einem Cafe um.
![]() Abb. 1959-002 Eröffnung der Cafe-Stube Greiner |
Im der Backhaus arbeiteten Sohn Joachim, gelernter Konditormeister und Axel Schwob, Bäckermeister. Dort wurden Brot, Brötchen und Kuchen für den Konsum und die FDGB-Ferienheime bzw. Kuchen und Torten für das Cafe hergestellt. Joachim zog 1972 mit seiner Familie nach Luckenwalde und eröffnete dort eine Konditorei, die er bis 2002 betrieb. Greiners Cafe-Stube gab es bis 1977.
![]() Die Cafestube (rechts) im Jahr 1977 |
Danach wurde das Cafe an Günter Griebel aus Gräfenroda verpachtet. Vom Januar 1983 bis Oktober 1990 hatte Hans-Eberhard Kemter das Cafe gepachtet.
Inzwischen war Joachim Greiners Tochter Kerstin (verheiratete Burkhardt) von Luckenwalde nach Gehlberg gezogen. Nach der Wende wurde der bestehende Pachtvertrag gekündigt und das Haus umgebaut.
Im September 1992 wurde die Cafestube der Fam. Burkhardt wieder eröffnet.
![]() Die neue Cafestube der Burkhardts |
Im ehemaligen Backhaus entstanden 2013 zwei komfortable Ferienwohnungen.
![]() Eine der zwei Ferienwohnungen |
Somit kann das Geschäft der Greiners (und Erben) in der Hauptstraße 35 ohne die Fremdverpachtung auf eine ca. 134-jährige Tradition verweisen.
http://www.cafestubegehlberg.de/
Zeitzeugen: Kerstin Burkhardt (geb. Greiner); Hans-Eberhard Kemter