Autor: Reinhard Schmidt (2021)
Abb. 1948-004 © Peter Gering |
Rudi Gering wurde am 29.05.1917 in Gehlberg als Sohn des Forstangestellten Max Gering und dessen Frau Olga geboren. Sein Elternhaus stand in der Südstraße.
Abb. 1958-006 Elternhaus in Gehlberg
© Peter Gering
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Bereits im Kindesalter zeigte sich Rudi Gerings Talent zum Skispringen. Als 12-Jähriger gewann er ein Knabenspringen in Stützerbach und bekam ein vom Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha gestiftetes Paar Skier als Preis.
Zum Trainieren konnte Rudi Gering die Naturschanze am „Brand“ nutzen. Von dieser 1922 errichteten K25-Schanze ist heute kaum noch etwas zu erahnen. (siehe dazu Kapitel „1909 - 1945 Wintersport in Gehlberg / Teil 1 (Ergänzung 1909-001))“2
Rudi Gering entwickelte sich in den Folgejahren zu einem der besten – wenn nicht sogar dem besten - Thüringer Skispringer der damaligen Zeit.
Rudi Gering entwickelte sich in den Folgejahren zu einem der besten – wenn nicht sogar dem besten - Thüringer Skispringer der damaligen Zeit.
Seine Wettkämpfe führten ihn offensichtlich oft nach Steinbach (bei Bad Liebenstein, heute Ortsteil von diesem). Dort lernte er die Tochter des Unternehmers, Mäzens und Organisators für Skispringen, Otto Malsch, kennen. (Otto Malsch hatte den Bau der Steinbacher Naturschanze und später auch den Bau der Schierker Schanze für die 1. Wintersportmeisterschaft der DDR organisiert.)
Abb. 1935-003 © Peter Gering Einstmals war dies die größte Naturschanze Europas (gebaut 1933, umgebaut 1953, aufgegeben 1968). Am 01.01.1938 stellte Rudi Gering den Schanzenrekord von 57 Metern auf. Den letzten Schanzenrekord (auf der bereits umgebauten Schanze) sprang 1958 Helmuth Recknagel mit 79 Metern.
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Abb. 2021-017 Das sind die letzten Spuren der rechts abgebildeten Schanze im Jahr 2021.
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1939 wurde Rudi Gering Mitglied der deutschen Nationalmannschaft. Dadurch führte ihn der Skisport auch außerhalb Deutschlands, z. B. nach Skandinavien.
Zur letzten Meisterschaft des Gaues VI (= Bereich des vorherigen Thüringer Wintersportverbandes) 1941 in Oberhof belegte er den 1. Platz.3
Unzweifelhaft war das Jahr 1941 das sportlich erfolgreichste in Rudi Gerings Sportlerlaufbahn. Mit 118 Metern stellte er auf der „Bloudkova Velikanka“ einen neuen Weltrekord auf. Dieser hatte bis 1948 Bestand (der Schweizer Fritz Tschannen sprang 120 Meter).
Abb. 1936-005 Diese Karte stammt von R. Gering. Warum sie von 1936 ist, wo sein Rekordsprung doch 1941 war, ist unklar. Diese Karte soll die Größe der Schanzenanlage im Vergleich zu anderen Gebäuden verdeutlichen.
© Peter Gering
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Der Weltrekord des Rudi Gering war der slowenischen Zeitung „DELO“ 2021 folgenden Artikel wert:
Abb. 2021-007 © DELO |
Die Übersetzung dieses Beitrag aus einer Artikelserie der slowenischen Zeitung „DELO“ zu Weltmeisterschaft im Skispringen in Planica, online veröffentlicht am 27.03.2021; übersetzt mit GOOGLE, dazu lautet:
Abb. 2021-007 (Übersetzung) © DELO |
Auch wenn dieser Zeitungsartikel bereits Informationen zur Biografie Gerings über 1941 hinaus liefert, setzen wir an dieser Stelle chronologisch mit 1941 fort.
Nachfolgend sehen Sie ein Foto, das in etlichen historischen Publikationen zum Wintersport zu finden ist. Wir bieten Ihnen zu diesem Foto auch die „Rückseite“.
Abb. 1941-004 © Peter Gering Dieses Foto entstand am 01.12.1941 vor einem Springen in Steinbach.
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Abb. 1941-005 © Peter Gering Der einzige ohne Startnummer, das ist Otto Malsch aus Steinbach, der spätere Schwiegervater von Rudi Gering.
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Am 30.05.1942 heiratete Rudi Gering die aus Steinbach stammende Sieglinde Malsch.
Abb. 1942-003 Sieglinde Gering, geb. Malsch
© Peter Gering
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Ein Foto, das wir besitzen, hier aber nicht benutzen, zeigt Rudi Gering – mit Gustav Räther als Trauzeuge – zur Hochzeit in Steinbach in Wehrmachtsuniform. Folglich war er zu diesem Zeitpunkt bereits zum Militär eingezogen worden. Dafür spricht auch folgendes Foto:
Abb. 1940-002 © Peter Gering
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Wie in der Zeitung „DELO“ beschrieben, wurde 1942 die deutsche Skisprung-Kernmannschaft wegen der Kriegsentwicklung aufgelöst. Rudi Gering habe – so gibt sein 1945 geborener Sohn Peter Berichte seines Großvaters wider – aus Norwegen zahlreiches Skizubehör nach Steinbach geschickt. Damit wollte er nach dem Krieg einen Sportzubehör-Laden aufbauen.
Abb. 1943-002 Diese Foto von 1943 zeigt Rudi Gering in St. Anton.
© Peter Gering
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Die letzten Kriegstage hatte Gering mit 5 weiteren Kriegskameraden auf einer Almhütte im Zillertal verbracht. Mit dem Fahrrad gelangte er von dort nach Feldafing am Starnberger See. Hier lebte sein bisheriger Trainer, der Norweger Ramund Sörensen. (Dessen Tochter heiratete den Sportreporter Harry Valerien.) Sörensen hatte in der Münchner Kaufingerstraße ein gutgehendes Schuhgeschäft. Er half Rudi Gering dabei, in Feldafing Fuß zu fassen. Schnell baute dieser einen erfolgreichen Holzhandel auf.4
Rudi Gering sah seine berufliche und sportliche Zukunft eher in Bayern, als in Thüringen. Seine Frau Sieglinde wollte aber ihren alternden Vater und das Familienunternehmen in Steinbach nicht im Stich lassen. So brach die junge Familie (Sohn Peter kam im Dezember 1945 zur Welt) auseinander. Wann Rudi Gering letztmalig in Steinbach war, konnte sein Sohn nicht verbindlich sagen. Sicher ist allerdings, dass Rudi Gering nach 1946 noch mehrfach seine Eltern in Gehlberg besuchte.
Die Direktive 23 des Alliierten Kontrollrats vom 17.12.1945 bedeutete für die deutschen Skispringer, dass diese bis etwa 1950 keinen Zugang zu internationalen Sportveranstaltungen und auch nicht zur Großschanze in Planica hatten. Als dort 1948 der Schweizer Tschanner den von Rudi Gering 1941 aufgestellten Rekord mit 120 Meter brach, reifte bei Heini Klopfer, Toni Brutscher, Sepp Weiler und Rudi Gering der Entschluss, sich von der Schanze in Planica unabhängig zu machen und in Oberstdorf eine eigene Großschanze bauen wollen. Sie starteten ihre „Kopftuchaktion“.5 Mehr dazu, was es mit diesen Tüchern auf sich hatte, stand im „Der SPIEGEL“ vom 26.10.1949: „…Zauberhafte Kopftücher, 500 Stück, in Gelb, Braun, Blau, Rot packten Sepp Weiler und Rudi Gering, deutsche Skiflug-Sonderklasse, in einen Fiat-Simca 1100. Das Kopftuch zu 8 DM hökerten sie durch Trizonien. 40000 DM kamen zusammen. Der Kopftuch-Zauber besteht darin, daß während der »Skiflugwoche Februar 1950« freien Eintritt ins Birgsautal haben wird, wer solch ein Ding vorzeigt. …“ 6
Die Direktive 23 des Alliierten Kontrollrats vom 17.12.1945 bedeutete für die deutschen Skispringer, dass diese bis etwa 1950 keinen Zugang zu internationalen Sportveranstaltungen und auch nicht zur Großschanze in Planica hatten. Als dort 1948 der Schweizer Tschanner den von Rudi Gering 1941 aufgestellten Rekord mit 120 Meter brach, reifte bei Heini Klopfer, Toni Brutscher, Sepp Weiler und Rudi Gering der Entschluss, sich von der Schanze in Planica unabhängig zu machen und in Oberstdorf eine eigene Großschanze bauen wollen. Sie starteten ihre „Kopftuchaktion“.5 Mehr dazu, was es mit diesen Tüchern auf sich hatte, stand im „Der SPIEGEL“ vom 26.10.1949: „…Zauberhafte Kopftücher, 500 Stück, in Gelb, Braun, Blau, Rot packten Sepp Weiler und Rudi Gering, deutsche Skiflug-Sonderklasse, in einen Fiat-Simca 1100. Das Kopftuch zu 8 DM hökerten sie durch Trizonien. 40000 DM kamen zusammen. Der Kopftuch-Zauber besteht darin, daß während der »Skiflugwoche Februar 1950« freien Eintritt ins Birgsautal haben wird, wer solch ein Ding vorzeigt. …“ 6
Rudi Gering brachte, wie Günther Köllmer als Zeitzeuge und Besitzer eines solchen Tuches zu berichten wusste, 20 dieser Kopftücher mit nach Gehlberg und übergab diese dem Wirt der Schneekopfhütte, dem „Schneiders Ernst“.
Abb. 1949-002 |
Abb. 1949-003 Sepp Weiler, Heini Klopfer, Toni Brutscher, Rudi Gering, die Namen der Initiatoren.
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Rudi Gering hätte „… mit seinen Freunden in der Hoffnung auf große Einnahmen gerne das Skifliegen selbst als Veranstalter durchgeführt, sei aber durch Funktionäre des Skiclubs Oberstdorf darauf hingewiesen worden, dass sie damit den Amateurstatus und die Startberechtigung verlieren würden. So blieben die Einnahmen der äußerst erfolgreichen Skiflugwochen beim SC Oberstdorf. Schon beim ´Einfliegen´ und Testen der Flugschanze im Februar 1950 war Gering dabei, den allerersten Sprung hatte allerding als Architekt der Schanze - Heini Klopfer - gewagt. …“ 7
Abb. 1948-003 Die Aufnahme stammt von 1948. Man beachte den Pullover.
© Peter Gering
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„… 1949 gehörte Gering immer noch zu den deutschen Spitzenspringern und belegte bei den erstmalig ausgetragenen deutschen Meisterschaften der Westzonen in Isny (11.-13.02.) einen ausgezeichneten dritten Rang. …“ 8
Am 22.02.1949 sprang Rudi Gerings in Bischofshofen auf der damaligen Hochkönigschanze mit 100 Metern Schanzenrekord. 9
Rudi Gering gründete in Bayern eine neue Familie. Er heiratete die zweitjüngste Schwester seines Sportfreundes Sepp Weiler. Er wohnte mit seiner Frau Maria (genannte „Mariele“) in Feldafing am Starnberger See. (In manchen Veröffentlichungen – so auch der vorstehenden Artikel der „DELO“ – steht als Wohnort Tutzing, ein Nachbarort.) Neben seinem Holzhandel gründete er als zweites Unternehmen das Hotel „Alpenblick“, welches seine Frau leitete. 1952 kam der Sohn Rudolf (jun.) zur Welt, 8 Jahre später (1960) die Tochter Marlis.
Mindestens einmal noch sprang Rudi Gering in seiner alten Heimat. Das war 1951 anlässlich der 2. DDR-Wintersportmeisterschaft in Oberhof, wo er gemeinsam mit seinem ehemaligen Mannschaftskamerad Robert Engel (Brotterode) an einem Schauspringen teilnahm.
Mindestens einmal noch sprang Rudi Gering in seiner alten Heimat. Das war 1951 anlässlich der 2. DDR-Wintersportmeisterschaft in Oberhof, wo er gemeinsam mit seinem ehemaligen Mannschaftskamerad Robert Engel (Brotterode) an einem Schauspringen teilnahm.
Abb. 1951-010 © DEFA-Stiftung |
Vermutlich 1952 dürfte nachfolgendes Foto entstanden ist. Es erschien nebst Untertitel in der Zeitung „Freies Wort“. Diese Zeitung gab es erst ab 1952. Somit wäre dies der uns einzig bekannte Beweis, dass Rudi Gering auch nach 1951 in der DDR war.
Abb. 1952-005 © Freies Wort |
Selbst mit 36 Jahren war Rudi Gering noch für den Deutschen Skiverband aktiv. Zur 1. Vierschanzen-Tournee 1953 belegte er in Innsbruck den 24. Platz.
1955 besuchte Sohn Peter aus erster Ehe seinen Vater Rudi in Feldafing.
1955 besuchte Sohn Peter aus erster Ehe seinen Vater Rudi in Feldafing.
Abb. 1955-006 Starnberger See © Peter Gering |
Noch vor dem Mauerbau 1961 holte Rudi Gering seine Eltern aus Gehlberg nach Bayern.
1973 verkaufte er das Hotel „Alpenblick“ und zog auf Wunsch seiner Frau Maria mit dieser nach Garmisch-Partenkirchen.
Der Kontakt zwischen Rudi Gering und seinem Sohn Peter aus erster Ehe war alles andere als eng. Es war Rudis zweite Frau (!), welche die Bindung förderte. Als diese - kaum 60-jährig - Anfang der 80er-Jahre verstarb, schlief auch der Kontakt zwischen Vater und „Ost-Sohn“ ein.
Nach dem Mauerfall 1989 gab es nach einem vergeblichen Kontaktversuch im November dann im Januar ein Zusammentreffen Rudi Gerings mit seinem Sohn Peter, dessen Frau und seiner Enkelin.
Rudi Gering besuchte nach der Wende seinen Geburtsort Gehlberg. Es gereichte ihm nachträglich zur Ehre, dass er von der Gemeinde nicht die Rückübertragung seines Elternhauses verlangte und somit die Mieter darin wohnen bleiben konnten.
„… In Oberstdorf wurde Rudi Gering letztmals zur Beerdigung seines Schwagers Sepp Weiler am 24.Mai 1997 gesehen. Noch nicht einmal ein Jahr später wurde er selbst in Garmisch-Partenkirchen zu Grabe getragen, wo der mit der Familie Gering befreundete Harry Valerien eine bewegende Grabrede hielt. …“ 10
Es war der 03.02.1998, an dem Rudi Gering verstarb.
1973 verkaufte er das Hotel „Alpenblick“ und zog auf Wunsch seiner Frau Maria mit dieser nach Garmisch-Partenkirchen.
Der Kontakt zwischen Rudi Gering und seinem Sohn Peter aus erster Ehe war alles andere als eng. Es war Rudis zweite Frau (!), welche die Bindung förderte. Als diese - kaum 60-jährig - Anfang der 80er-Jahre verstarb, schlief auch der Kontakt zwischen Vater und „Ost-Sohn“ ein.
Nach dem Mauerfall 1989 gab es nach einem vergeblichen Kontaktversuch im November dann im Januar ein Zusammentreffen Rudi Gerings mit seinem Sohn Peter, dessen Frau und seiner Enkelin.
Rudi Gering besuchte nach der Wende seinen Geburtsort Gehlberg. Es gereichte ihm nachträglich zur Ehre, dass er von der Gemeinde nicht die Rückübertragung seines Elternhauses verlangte und somit die Mieter darin wohnen bleiben konnten.
„… In Oberstdorf wurde Rudi Gering letztmals zur Beerdigung seines Schwagers Sepp Weiler am 24.Mai 1997 gesehen. Noch nicht einmal ein Jahr später wurde er selbst in Garmisch-Partenkirchen zu Grabe getragen, wo der mit der Familie Gering befreundete Harry Valerien eine bewegende Grabrede hielt. …“ 10
Es war der 03.02.1998, an dem Rudi Gering verstarb.
2) Sänger, Roland (1995). Herausgeber: Thüringer Wintersportverband und Suhler Verlagsgesellschaft mbH: Chronik des Thüringer Skisports
3) Sänger, Roland (1995). Herausgeber: Thüringer Wintersportverband und Suhler Verlagsgesellschaft mbH: Chronik des Thüringer Skisports
7) Bisle, Franz. (2021). Rudi Gering – der Vierte im Bunde. Skriptentwurf. E-Mail an Reinhard Schmidt
8) Bisle, Franz. (2021). Rudi Gering – der Vierte im Bunde. Skriptentwurf. E-Mail an Reinhard Schmidt
4) Bisle, Franz. (2021). Rudi Gering – der Vierte im Bunde. Skriptentwurf. E-Mail an Reinhard Schmidt
5) Bisle, Franz. (2021). Rudi Gering – der Vierte im Bunde. Skriptentwurf. E-Mail an Reinhard Schmidt
6) (1949). Wenn er da runter fliegt. DER SPIEGEL. Wenn er da runter fliegt - DER SPIEGEL5) Bisle, Franz. (2021). Rudi Gering – der Vierte im Bunde. Skriptentwurf. E-Mail an Reinhard Schmidt
7) Bisle, Franz. (2021). Rudi Gering – der Vierte im Bunde. Skriptentwurf. E-Mail an Reinhard Schmidt
8) Bisle, Franz. (2021). Rudi Gering – der Vierte im Bunde. Skriptentwurf. E-Mail an Reinhard Schmidt
9) Berkutschi skijumping. (2021, 30. Juni). Skispringen Berkutschi.com - Schanzen - Bischofshofen - Paul-Ausserleitner-Schanze
10) Sänger, Roland (1995). Herausgeber: Thüringer Wintersportverband und Suhler Verlagsgesellschaft mbH: Chronik des Thüringer Skisports
Dieser Beitrag entstand – sofern keine Zitierverweise angegeben wurden – auf der Basis von Zeitzeugenaussagen. Diese waren Peter Gering (Sohn des Rudi Gering), Erhard Köhler und Günther Köllmer (Gehlberger Einwohner).
10) Sänger, Roland (1995). Herausgeber: Thüringer Wintersportverband und Suhler Verlagsgesellschaft mbH: Chronik des Thüringer Skisports
Dieser Beitrag entstand – sofern keine Zitierverweise angegeben wurden – auf der Basis von Zeitzeugenaussagen. Diese waren Peter Gering (Sohn des Rudi Gering), Erhard Köhler und Günther Köllmer (Gehlberger Einwohner).