15. Gehlberg zu Beginn des 19. Jahrhunderts (1796 - 1829)

Unveränderter Wortlaut der von K.-J. Schmidt erstellten Chronik
Der Ort konnte sich nach 1775 wieder etwas erholen. Doch kündigten sich neue Schwierigkeiten an. Noch waren die wirtschaftlichen Auswirkungen der Kriege Friedrich II. nicht überwunden, da bahnte sich in Frankreich eine Entwicklung an, die weitreichende Folgen haben sollte. Das Bürgertum fegte den Absolutismus hinweg. Die alten Mächte Europas spürten die Gefahr für den Weiterbestand ihrer reaktionären Ordnung. 1796 legte Kursachsen Truppen an die Grenze des Amtes Schwarzwald. Die Waldorte, darunter auch Gehlberg, hatten für Unterkunft und Verpflegung zu sorgen. Das war aber nur ein kleiner Vorgeschmack späterer Einquartierungen.

Nach jahrelangen Beschwerden über den Mangel an Triftplätzen für ihr Vieh erhielten die Gehlberger 1800 „probeweise“ 35 Acker Land (die Ochsenwiese im Metzelbach) und weitere 30 Acker am Gabelbachskopf und dem Gabelbachstal für Weidezwecke. Damit sollte erreicht werden, dass künftig nicht mehr junge Schonungen wegen fehlender Triftgelegenheit durch Zug- und Milchvieh zerstört würden.

1801 konnte Glasmeister Joh. Ludwig Heinz eine Mahlmühle an der Stelle bauen, wo bis etwa 1750 die Gehlberger Schneidemühle gestanden hatte. Er durfte aber an diesem „entlegenen“ Ort keinerlei Vieh halten. Auch hier befürchteten die Förster Schaden durch die weidenden Tiere. Das Getreide musste mit Schiebekarren oder dem Tragkorb zur Mühle gebracht werden! Da in Gehlberg ohnehin nicht viel Korn wuchs, ging die Mühle schlecht. (Ein Menschenalter später wurde sie deshalb in ein Gasthaus umgewandelt.)

1802 brannte die Hütte, wie schon öfter, teilweise ab. Sie war immer noch mit Schindeln gedeckt. Die Glasmeister weigerten sich auch weiterhin, das Dach mit Ziegeln decken zu lassen. Sie fürchteten, durch die Hitze des Ofens könnten Ziegel- oder Kalkbrocken abplatzen und das Glas verderben.

Inzwischen war der Korse Napoleon Bonaparte in Frankreich zur Macht gelangt und begann seine Eroberungszüge. Solange die Heere der deutschen Fürsten seinen Vormarsch aufzuhalten versuchten, waren sie noch einigermaßen diszipliniert. Gehlberg kam bei den Truppendurchzügen glimpflich davon, weil es an einer recht schlechten Beistraße lag. Es brauchte nur Verpflegung zu liefern, während das benachbarte Oberhof zeitweise 1000 Mann Einquartierung in seiner Gemarkung hatte. Nach der vernichtenden Niederlage von Jena und Auerstedt jedoch waren Disziplin und Ordnung der Truppen dahin. Die Dörfer hatten darunter viel zu leiden.

In der Nacht vom 6. auf den 7. Februar 1808 riss ein Schneesturm das ganze Hüttendach herunter. Förster Braun stellte sofort Holz für den Wiederaufbau zur Verfügung, weil dieser Schaden mitten im Winter und wegen der Einbußen durch die Kriegsauswirkungen besonders empfindlich war.

Napoleon hatte schließlich fast ganz Europa unter seine Kontrolle gebracht. Die Kontinentalsperre gegen England, die den europäischen Handel stark beeinträchtigte, war nur noch im Osten offen. Um auch diese Lücke schließen zu können, wandte sich der Korse gegen Russland. Seine „Große Armee“ bestand aus Truppenteilen fast aller Länder Mitteleuropas. Vor Moskau aber ging Bonapartes Stern unter. Mit „Ross und Mann und Wagen“ geschlagen, fluteten die von ihrem „Empereur“ im Stich gelassenen Soldaten zurück, verfolgt von Kosaken, zermürbt durch Partisanen. Es war ein grauenhafter Zug. Tausende junger Menschen, darunter viele Deutsche, lagen gefallen oder erfroren auf den weiten Ebenen Russlands und Polens. Napoleon hatte die französische Revolution verraten und sich zum Kaiser und Eroberer gemacht. Viele mutige Menschen in Deutschland und Österreich standen gegen ihn auf und setzten ihr Leben ein (Lützow, Schill, Körner usw.).
Die „Landesväter“ erwiesen sich hingegen als schwach und feige. Erst nach Yorks Konvention von Tauroggen wurde der unfähige König von Preußen zum Handeln gezwungen. In der Völkerschlacht von Leipzig schlugen die Armeen Russlands, Preußens und Österreichs den Korsen (16. – 19.10.1813).

Nun stampfte der Krieg über das Deutsche Reich hinweg gen Westen. Am 28. Oktober zogen mehr als 70 000 Mann und 30 000 Pferde bei Oberhof über den Rennsteig. Außer den Dingen, die sie wirklich brauchten, wie Unterkunft, Verpflegung und Futter, verlangten die Soldaten aber auch Branntwein, waren grob zu den Einwohnern und plünderten sogar. Am 31.10. lagen zwei Kürassierregimenter in Gehlberg. Drei Divisionen Kürassiere, 4 – 5 Regimenter Kosaken, Infanterie und österreichische Truppen folgten nach. Drei Viertel der Einwohner flohen mit der ihnen verbliebenen Habe vor den Truppen, die sie eigentlich befreien sollten, in die Wälder, weil sich die Soldaten teilweise wie in einem eroberten Land benahmen. Der Schultheiß Michael Hartwig sandte einen Hilferuf an das Amt nach Zella. Das konnte aber keinerlei Unterstützung geben, trafen doch aus allen Orten gleich flehentliche Bitten dort ein. Die Durchmärsche dauerten bis zum 21. November an. Kleinere Verbände lagen noch bis Ende Januar in manchen Waldorten.
Innerhalb eines Monats war im Amt Schwarzwald durch die Truppendurchzüge ein Schaden von 17 460 Talern entstanden, wovon 1720 Taler auf Gehlberg entfielen. Es ist erstaunlich und zeugt vom Fleiß der Glasmacher, dass sich der Ort von dieser Heimsuchung verhältnismäßig schnell erholte.

Bald nach Kriegsende gründeten 1815 Joh. Ludwig Heinz, Joh. Nikol Schmidt, Joh. Gottfried Schmidt, Gottfried Greiner sowie Joh. Georg Hartwig Sen. und Jun. mit zum größten Teil geborgtem Geld eine neue Glashütte auf der Hirschstallwiese ⇒(EA017)WeltkugelFoto. Die Holzzuteilung wurde ihnen von der herzoglichen Kammer aber nur für 20 Jahre zugesichert.

Am 19.2.1829 erhielten der Glasmeister Nikolaus Schmidt und die Witwe Caroline Greiner die Genehmigung zum Bau einer Schneidemühle „unterm Langenbach“. Die Mühle stand etwas unterhalb der Einmündung des Schneetiegels in die Gera. Das Wasser wurde ihr durch eine kastenförmige Holzrinne zugeleitet, die über die Straße hinweg führte. Hochbeladene Fuhrwerke mussten deshalb um die Mühle herum fahren. Es ist auch vorgekommen, dass auf Heufudern sitzende Mäher beim Durchfahren des Aquädukts vom Wagen heruntergestreift wurden und vom weichen Heu sehr unsanft auf die harte Straße fielen. Im Winter bildete das aus den Ritzen der hölzernen Wasserzuleitung dringende Wasser riesige Eiszapfen und verwandelte die Unterführung in eine prächtige „Grotte“ aus Eis. Die Mühle diente später anderen Zwecken und bestand etwa 90 Jahre.
 029 Schneidemhle
Abb. 029
Schneidemühle des Nik. Schmidt und der Caroline Greiner "unterm Langebach" vor dem Schneetiegel, erbaut 1829
 
 
 
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