Autor: Reinhard Schmidt (2021)
In den Kapiteln „39. Das Ende des Dritten Reiches“ und „1945 Gehlberg unter amerikanischer Besatzung“ wird geschildert, wie die Gehlberger das Kriegsende erlebten. Die Sicht der Amerikaner zeigt nachfolgende Passage. Andreas Möhring, Autor der Büchern „Die Rennsteigfestung“ und „Ilmenau im April 1945“, hat in amerikanischen Archiven folgende aktuellen Informationen gefunden und mir zur Verfügung gestellt:
„…
„…
Zuerst müssen wir eine US-Infantry-Division (ID) betrachten. Diese gliederte sich im groben wie folgt:
3x Infantry-Regiment (IR)
Pro IR:
1st Battalion, Codename Red (Bn):
Pro IR:
1st Battalion, Codename Red (Bn):
1x HQ-Company (Co)
A-Co, B-Co, C-Co, drei Infantry-Co, zwei befanden sich fast immer im Angriff, die dritte Co befand sich in der Reserve, wurde dort eingesetzt wo sie gebraucht wurde oder diese säuberte das eroberte Gebiet
1x D-Co, Heavy-Weapons Co, MG- und Granatwerfer Co, wurde dort eingesetzt wo diese gebraucht wurde
2nd Battalion, Codename White (Bn):
2nd Battalion, Codename White (Bn):
1x HQ-Company
E-Co, F-Co, G-Co, drei Infantry-Co, zwei befanden sich fast immer im Angriff, die dritte Co befand sich in der Reserve, wurde dort eingesetzt wo sie gebraucht wurde oder diese säuberte das eroberte Gebiet
1x H-Co, Heavy-Weapons Co, MG- und Granatwerfer Co, wurde dort eingesetzt wo diese gebraucht wurde
3rd Battalion, Codename Blue (Bn):
3rd Battalion, Codename Blue (Bn):
1x HQ-Company
I-Co, K-Co, L-Co, drei Infantry-Co, zwei befanden sich fast immer im Angriff, die dritte Co befand sich in der Reserve, wurde dort eingesetzt wo sie gebraucht wurde oder diese säuberte das eroberte Gebiet
1x M-Co, Heavy-Weapons Co, MG- und Granatwerfer Co, wurde dort eingesetzt wo diese gebraucht wurde
Nun zu den Vorgängen um Gehlberg:
Das 359th IR wurde von der Kontrolle der 90th ID im Raum Bad-Salzungen entlastet und trat als RTC (Regiments-Combat-Team, Regiments-Kampfgruppe) am 7.4.45 unter die Kontrolle der 26th ID, die im Bereich Suhl das CCA (Combat-Command-A) der 11th Armored-Division (Panzer-Division) abgelöst hatte.
1st Bn:
Nun zu den Vorgängen um Gehlberg:
Das 359th IR wurde von der Kontrolle der 90th ID im Raum Bad-Salzungen entlastet und trat als RTC (Regiments-Combat-Team, Regiments-Kampfgruppe) am 7.4.45 unter die Kontrolle der 26th ID, die im Bereich Suhl das CCA (Combat-Command-A) der 11th Armored-Division (Panzer-Division) abgelöst hatte.
1st Bn:
- Diese Einheit traf am 7.4.45 in Goldlauter ein.
- Angriff am Morgen des 8.4.45 in den Raum Mordfleck-Kreuzwege.
- Durch die Heranführung des 358th IR aus dem Raum Immelborn, wurde das 1st Bn um 13:00 Uhr vom 1st Bn des 358th IR abgelöst und zog sich in den Raum Bahnhof Oberhof zurück.
- Es ging in die Regiments-Reserve, von dort verlegte es nach der Einnahme von Gehlberg durch Einheiten des 2nd Bn, zu deren Ablösung dorthin.
- Von da aus verlegte es nach Ilmenau, das auch das 2nd Bn die Stadt eingenommen hatte.
2nd Bn:
2nd Bn:
- Diese Einheit traf am 7.4.45 zur Entlastung des CCB der 11th Armored-Division in Oberhof ein.
- Angriff am 8.4.45 in den Raum Schmücke, diese wurde nach schweren Kampfhandlungen am Abend des 8.4.45 genommen.
- Weiterer Angriff am 9.4.45.
- E-Co Stoßrichtung HILL-Brand, danach Besetzung von Gehlberg
- F-Co Sicherung der rechten Flanke zum 3rd Bn (sieh Beschreibung 3rd Bn)
- Verlegung am Nachmittag des 9.4.45 in den Raum Bahnhof Gehlberg-Schmücker Graben, um dort das eroberte Gebiet des 3rd Bn zu sichern und die Straßen zum 347th IR der 87th ID (Wilde Gera) zu blockieren
- G-Co Stoßrichtung Salzmannstraße-Gabelbachskopf
- Einnahme am 10.4.45 von Ilmenau und am 11.4.45 von Langewiesen
3rd Bn:
3rd Bn:
- Diese Einheit traf am 7.4.45 zur Entlastung des CCB der 11th Armored-Division in Oberhof ein.
- Angriff am 8.4.45 über das Forsthaus Sattelbach-Schnabelbach bis in den Raum Bahnhof Gehlberg, dieser Raum wurde nach schweren Kämpfen am Abend eingenommen, deutscher Granatwerferbeschuss aus dem Raum Dörrkopf, hier alleine 3 tote Amerikaner und einige Verletzte.
- Angriff am 9.4.45 südlich Gehlberg über den Bettelmannskopf-Hungertal-Zwei Wiesen, dort Kämpfe mit einem deutschen Panzer und Einheiten der 11. Deutschen-Panzer-Division
- Weiterer Vorstoß am 10.4. mit der Besetzung von Oehrenstock und am 11.4.45 von Gehren
…“
…“
Zur Erklärung sei angemerkt, dass Herr Möhring die amerikanischen Bezeichnungen der Einheiten verwendet hat. Dort ist ein „Bataillon“ (dt.) eben ein „Battalion“.
Nachfolgend habe ich die oben nach Einheiten gegliederten Aktionen nach Tagen gegliedert und visualisiert:
Abb. 1945-018
Frontverlauf am Abend des 07.04.1945
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Abb. 1945-019
Frontverlauf am 08.04.1945
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Abb. 1945-020
Frontverlauf am 08.04.1945
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Abb. 1945-021
Frontverlauf am 09.04.1945
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Abb. 1945-022
Frontverlauf am 09.04.1945
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Abb. 1945-023
Frontverlauf am 09.04.1945
Eine Animation zum Frontverlauf zwischen dem 7. und 9. April finden Sie hier.
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Wer mehr dazu wissen möchte, dem seien o. ä. Bücher empfohlen.
Nun zurück zur Gehlberger Chronik. Wer die eingangs erwähnten Kapitel gelesen hat, der weiß, dass die Bestattung der bei Gehlberg gefallenen deutschen Soldaten auf Veranlassung der Amerikaner erfolgte. Auf diese Weise entstanden in der Gemarkung Gehlberg mehrere „Feldgräber“. Diese bestanden in der Regel aus einem Birkenholz- oder Latten-Kreuz, auf welchem ein Stahlhelm steckte. Sofern bekannt, war auf einem Schild die Anzahl der Bestatteten bzw. deren Namen vermerkt. Solche Gräber befanden sich
- beim Mordfleck,
- bei der Schmücke,
- unterhalb der Güldenen Brücke Richtung Gehlberg
und
- hinter dem Steinigen Hügel in Richtung Bettelmannskopf.
Ein weiteres Grab, das an den „Zwei Wiesen“, gehört verwaltungstechnisch nicht zu Gehlberg, sondern zu Elgersburg.
Zu DDR-Zeiten waren die Feldgräber der Wehrmachtssoldaten kein präferiertes Thema – sie waren da, aber meist nur Insidern bekannt. Um die Pflege der Gräber nahe Gehlberg machten sich das Ehepaar Scheidt (in seiner Eigenschaft als Heimatfreunde und Mitglieder des Kulturbundes) und danach der Schneekopfverein verdient.
Außer den Feldgräbern um Gehlberg gab und gibt es Denkmäler für gefallene Soldaten.
Zu DDR-Zeiten waren die Feldgräber der Wehrmachtssoldaten kein präferiertes Thema – sie waren da, aber meist nur Insidern bekannt. Um die Pflege der Gräber nahe Gehlberg machten sich das Ehepaar Scheidt (in seiner Eigenschaft als Heimatfreunde und Mitglieder des Kulturbundes) und danach der Schneekopfverein verdient.
Außer den Feldgräbern um Gehlberg gab und gibt es Denkmäler für gefallene Soldaten.
Am 30.06.1929 war das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges an der Kirche eingeweiht worden.
Abb. 071 |
Anfang der 1930er-Jahre weihten die Gehlberger Turner die Denkmalanlage für ihre im 1. Weltkrieg gefallenen Turnbrüder ein.
Abb. 1931-001
Fritz Wirsing, Sohn des Herrmann Wirsing, hat folgende Personen identifiziert:
- links mit weißer Turnerkleidung: Herrmann Wirsing;
- rechts daneben: Edgar Lapp;
- rechts außen in weißer Turnerkleidung: Franz Köllmer;
- davor in SA-Uniform: Hase
Die Stele aus Naturstein (im Bild vorne rechts) war ein Abbruch vom Brandfelsen.
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Nach 1945 wurde die Gedenkanlage oberhalb des Sportplatzes erweitert. Im Halbkreis um die Stele wurde in 2 Reihen für jeden im 2. Weltkrieg gefallenen Turnbruder ein Birkenholz-Kreuz gesetzt (Abb. 1949-001). Später wurden die Birkenholz-Kreuze durch kleine Stelen mit Aluminiumschildern ersetzt (Abb. 1962-001).
Abb. 1949-001 |
Abb. 1962-018 |
Abb. 1950-007 |
Abb. 1950-010 Im Vordergrund links ist die Gedenkanlage von hinten zu sehen. Der Blick geht über den neu angelegten Fußballplatz zum Ort.
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Der Pflegeaufwand für die Gedenkanlage wurde – auch angesichts wiederholter Beschädigungen – zu groß. Deshalb wurde sie in den 1980er-Jahren vereinfacht.
Abb. 1982-002 Zustand der Gedenkanlage im Jahr 1982 |
Abb. 1982-003 |
Abb. 1994-003 Foto aus dem Jahr 1994
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In den 1990er-Jahren gab es wiederholt Vorfälle, welche die Gemeinde dazu veranlassten, sowohl dem Ehrenmal der gefallenen Turnbrüder als auch den Soldatengräbern um Gehlberg einen neuen Platz vor bzw. auf dem Friedhof zugeben (siehe dazu die Kapitel „2000“ und „2017“). Die Plakette mit den 4 „F“ von der Stele des Turnerdenkmals war gestohlen worden, und bei den Feldgräbern kam es wiederholt zur Störung der Totenruhe durch Banausen unterschiedlicher Couleur.
Im Jahr 2000 konnte die neugestaltete Gedenkstätte am Friedhof eingeweiht werden. Vom Turner-Ehrenmal wurde nur der zentrale Gedenkstein umgesetzt. Die gestohlene Plakette mit den 4 „F“ – Frisch Fromm Fröhlich Frei – wurde neu angefertigt (Abb. 2000-001, rechts). Statt der vielen einzelnen Täfelchen für die Turnbrüder wurde eine zusätzliche Stele aus Naturstein mit einer Gedenktafel errichtet wurde. Auf dieser Tafel – und das ist das Neue und Besondere im Vergleich zu vorher – sind neben den im 2. Weltkrieg gefallenen Turnern auch die anderen gefallenen Gehlberger Wehrmachtsangehörigen und die zivilen Opfer Gehlbergs namentlich genannt. Zudem wird auch allen gefallenen Umsiedlern bzw. deren gefallener Angehörigen gedacht (Abb. 2000-001, links).
Abb. 2021-019 Fritz Wirsing hat alle Täfelchen der ursprünglichen Denkmalanlage gesichert.
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Abb. 2000-001 |
Abb. 2000-002 |
In den Jahren 2014/15 führte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., Landesverband Thüringen unter der Leitung von Herrn Hug in der Gemarkung Gehlberg die Sichtung, Exhumierung und Umbettung der Feldgräber durch. Dieses beinhaltete folgende Maßnahmen:
1. Mordfleck: | |
- | zwei Einzelgräber (zwei unbekannte Soldaten); |
- | bei Suchgrabung nur 1 x Gebeine gefunden und auf den Friedhof Gehlberg verbracht; |
2. Schmücke: | |
- | ein unbekannter Soldat; |
- | bei Suchgrabung keine Gebeine gefunden; |
3. Unterhalb der Güldenen Brücke: | |
- | Soldat Karl-Eugen Dupp, Soldat Wilhelm Löbbe † 9.4.1945; |
- | bei Suchgrabung keine Gebeine gefunden (die sterblichen Überreste des 18-jährigen Karl Eugen Dupp waren auf Betreiben seines Vaters kurz nach Kriegsende nach Herborn überführt worden [Karl Eugen Dupp *20.07.1927 in Herborn † 09.04.1945 bei Gehlberg]); |
Abb. 2021-014 Am 21.07.2017 fand auf dem Gehlberger Friedhof im Beisein der Nachfahren des Soldaten Löbbe eine Gedenkveranstaltung für die 1945 bei Gehlberg gefallenen Soldaten statt. Es wurde ein neuer Grab- und Gedenkstein auf dem Friedhof eingeweiht. Dieses Ereignis wurde in der Presse gewürdigt. (siehe unten)
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Abb. 2017-002 |
Abb. 2017-003 Freies Wort vom 27.07.2017 |
Das Feldgrab hinter dem Steinigen Hügel/ am Bettelmannskopf existierte auch nach 2015 weiter.
Abb. 1955-005 Ursprünglich waren am Bettelmannkopf 3 getrennte Gräber abseits des Weges. Man hatte die Soldaten in ihrem Schützenloch begraben.
Obiges Foto wurde am 28.04.1955 gemacht und zeigt (außer dem Chronisten) im Hintergrund ein Birkenkreuz mit Stahlhelm am Bettelmannskopf. Wegen anstehender Aufforstungen und des schlechten Zustands einiger Feldgräber wurde es nötig, diese Ende der 1950er-Jahre an den Rainweg umzubetten.
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Abb. 2021-015
Das Foto vom 08.06.2021 zeigt das durch den Schneekopfverein hervorragend gepflegte Grab. In diesem sind laut Kreuzinschrift ein Josef Gruber und 2 unbekannte Soldaten, gefallen am 08.04.1945, begraben.
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Z. Z. steht eine Auskunft der Zentrale des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberführsorge hinsichtlich des Grabes aus. Folgende Fragen warten auf Antwort:
1. Sind in den Gräbern Gebeine?
2. Warum ist das Grab nicht erfasst?
3. Warum wurde das Grab nicht auf den Friedhof umgesetzt?
Verwendete Quellen:
1) Möhring, Andreas. E-Mail an Reinhard Schmidt
2) Hug, Henrik. Volksbund Kriegsgräberführsorge. E-Mail an Reinhard Schmidt