13. Das Holz schwimmt davon (1691 - 1719)

Unveränderter Wortlaut der von K.-J. Schmidt erstellten Chronik
Heute bestehen unsere Wälder aus sauber ausgerichteten und gut durchgearbeiteten Kulturen. Die Bäume eines Waldstücks sind meist von gleicher Gattung, Größe und Alter. Der dichte Bestand, der erst später planmäßig aufgelichtet wird, zwingt die Pflanzen zu hohem Wuchs. Weil durch die Nachbarstämme seitwärts keine Sonnenbestrahlung möglich ist, muss jeder Stamm nach oben streben. Hierdurch entsteht schlankes und gerades Nutzholz. Die Verästelung beginnt erst sehr weit oben am Stamm. Sowohl die Pflegearbeiten als auch die Nutzung können auf wirtschaftlichste Weise erfolgen; der Ertrag pro Fläche ist hoch.

Der ursprüngliche Wald war jedoch ohne menschliches Zutun durch natürlichen Anflug von Samen entstanden. Buschwerk und Bäume verschiedenster Arten und Altersstufen wuchsen durcheinander. Daneben gab es Blößen, die durch Feuer, Wind- oder Schneebruch verursacht worden waren. Dieser Wald war mit seinem Dickicht, den Sumpfstellen und Verbauungen stellenweise nur sehr schwer zu durchdringen, der erzielbare Nutz- und Brennholzertrag reichte längst nicht an die heute selbstverständlichen Mengen heran. Ebenso regellos wie er gewachsen war, wurde der Wald abgeholzt. Stämme gewünschter Qualität und Größe standen nur selten dicht beieinander. Man schlug also, was man für geeignet hielt bzw. wo es am besten ging und der Abtransport die geringsten Schwierigkeiten bereitete. So kam es, dass die Bestände schon nach kurzer Zeit eine rentable Holzerwerbung nicht mehr erlaubten und man andere Bestände ebenso extensiv behandelte.

Trotz großer Waldgebiete wurde das Holz deshalb oft sehr schnell knapp. Nach den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges musste die darniederliegende Wirtschaft Deutschlands rasch wieder in Gang gebracht werden. Die Fürsten waren, wie schon erwähnt, mit der Vergabe von Konzessionen notgedrungen recht großzügig. Hauptsächlicher Bau-, Brenn- und Rohstoff war aber damals das Holz. Zwar kamen Gewerbe und Handel nach und nach wieder in Gang und flossen die Gelder wieder reichlicher in die fürstlichen Kassen, der natürliche Reichtum des Waldes aber schwand spürbar dahin.

Hatten die Fürsten nach dem schrecklichen Kriege bereitwillig Lehnsbriefe mit billigen Holzzuteilungen ausgestellt, so bereuten sie das gar bald. Dabei hatten sie nicht nur den durch den ständigen Raubbau schwindenden Wald im Auge, sondern auch ihre eigenen Interessen. So brauchte z. B. der Gothaer Herzog Friedrich I. ansehnliche Summen für Schlossbauten und zum Unterhalt einer Truppenstärke, die weit über das hinausging, was dem Land zuträglich sein konnte. Hierfür benötigte er Geld, viel Geld.

Nun war es für die herzogliche Kasse wesentlich einträglicher, das Holz gewinnbringend über die Grenzen in waldärmere Länder zu verkaufen, als es zu den in den Lehnsbriefen zugesicherten Preisen an die produzierenden Lehnsleute des eigenen Staates abzugeben. Wir können deshalb in der Folgezeit gleichzeitig mit dem durchaus notwendigen Beginn einer planmäßigen Aufforstung und Unterbindung des Raubbaus im Walde äußerst kleinliche Geizerei mit Holz für notwendige Produktionszwecke zugunsten großangelegter Flößerei der besten Stämme für die Kasse der Landesherren beobachten. Dafür wurden keine Mittel gescheut.
Alle Bäche südlich der Linie Oberhof-Frankenhain flossen damals bekanntlich bei Gräfenroda aus dem Gothaer Gebiet heraus, berührten es dann nochmals, um es vor Plaue endgültig zu verlassen. Auf ihnen geflößtes Holz hätte also beim Überqueren der Grenzen verzollt werden müssen. Deshalb ließ der Herzog auf Vorschlag seines Beamten Christian von Uetterrodt im Jahre 1691 mit dem Bau eines ausgedehnten Systems von Floßgräben beginnen, welches von den Höhen bei Oberhof bis in die Nähe von Ohrdruf führte.
Die Gräben konnten aus mehreren Teichen abschnittsweise mit Wasser gefüllt werden. Sie schlängelten sich an den Hängen entlang bis zu geeigneten Stellen, an denen sie – oft zwischen zwei Bergen hindurch – nach Norden zur Ohra durchbrechen konnten. Sinn der Einrichtung war, die Stämme unverzollt in die Nähe von Gotha zu bringen, um sie dann günstig weiterzuverkaufen.
Oberhalb der Einmündung des Kehltales in die Wilde Gera stand aber der vorspringende Felsen des Tragberges einem solchen Flößgraben im Wege. Er war nicht zu umgehen, weil das Gelände dort steil zur Gera abfällt. Es blieb keine Wahl – man musste einen Tunnel hindurch treiben. Es ist überliefert, dass dieser nicht nur mit dem Steinmeißel gehauen und durch Schießpulver eingesprengt wurde. Vielmehr wird erzählt, dass man mächtige Holzfeuer anzündete, den Stein damit erhitzte und anschließend mit Wasser abschreckte. Hierdurch sollen Stücke abgesprungen, Risse und Vertiefungen entstanden sein, in denen man die Meißel müheloser verwenden oder Sprengladungen anbringen konnte. Durch den Tunnel, der noch erhalten ist, bekam der Felsen den Namen „Ausgebrannter Stein“.

1701 war die ganze Flößanlage fertig gestellt. 1702 wurde sie ausprobiert. Das Riesenwerk hat sich augenscheinlich nicht bewährt. Nach manchen Darstellungen war es nur 4 Jahre, nach anderen Aussagen etwa 12 Jahre in Betrieb. Schon 1719 sollen die Gräben wieder verödet gewesen sein. Diese z. T. einander widersprechenden Daten erklären sich daraus, dass die einzelnen Abschnitte des Systems unterschiedlich lange benutzt wurden. Während die Flößerei auf der Geraseite tatsächlich bald zum Erliegen kam, wurde die Ohraflößerei ziemlich lange betrieben. Der Flößgraben zur Ohra wurde 1691-1701 erbaut, 1702 eröffnet, aber nur 4 bzw. 12 Jahre betrieben.
 

024 FlgrabenAbb. 024

 

026 Flgraben AusgangAbb. 026 Flößgraben Eingang 

 

025 Flgraben EingangAbb. 025 Flößgraben Ausgang 
⇒(EA007) Weltkugel Foto
 
Wir wissen nun, aus welchen berechtigten und unberechtigten Gründen die herzogliche Kammer mit den Holzzuteilungen für die gewerbliche Nutzung zu geizen begann. Erstes Opfer der hierdurch entstandenen Holzknappheit war Nicol Heinzens Glashütte von 1696. Der Betrieb schleppte sich immer mühsamer dahin. Kurze Arbeitsphasen wurden durch immer längere Wartezeiten auf Brenn- und Äscherholz unterbrochen. Schließlich musste die Glashütte von Nicol Heinz jun., seinem Sohn, 1724 aufgegeben und abgerissen werden. Heinz blieb weiter Anteilsbesitzer in der Gerechtigkeitshütte und suchte 1734 um Brau-, Schenk- und Gastgerechtigkeit nach. Hierdurch erhielt Gehlberg nun auch ein Gasthaus.
An die Hütte des Nicol Heinz und Stephan Greiner erinnert noch die Bezeichnung „Glashüttenplatz“ auf dem Weg von der Sieglitz nach Oberhof. Bei Forstarbeiten wurden vor mehreren Jahren dort noch Glasscherben freigelegt. ⇒(EA2022-001) Foto

Inzwischen war der Viehbestand Gehlbergs so angewachsen, dass man einen berufsmäßigen Hirten benötigte. Der erste Dorfhirt war Caspar Möller aus Mellenbach. Er starb 1719. Sein Nachfolger ist nicht bekannt. Nächster Hirt war Christoph Kieser, der 1749 hier heiratete.
Der Betrieb in der Hütte Johann Greiners litt ebenfalls unter der Holzknappheit. Ihr Schicksal wird im nächsten Kapitel mit behandelt.
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