Unveränderter Wortlaut der von K.-J. Schmidt erstellten Chronik
In der Nacht vom 4. zum 5.10.1828 brannten Haus und Stall auf dem Schneekopf völlig ab. Die Kammer ließ danach zunächst einen hölzernen Aussichtsturm aufstellen. Er war etwas über 20 Meter hoch und kostete 910 Taler. Wenige Jahre darauf musste er schon repariert und etwas abgetragen werden. 1841 war er so baufällig, dass er gesperrt und schließlich abgerissen werden musste. Auf Vorschlag des Oberforstmeisters v. Minckwitz erbaute man 1852 nach vielen Verhandlungen den steinernen Turm, der heute noch steht (Anm. R. Schmidt: Turm wurde 1970 gesprengt). Ihm folgten 1854 ein Turm auf dem Kickelhahn und 1858 einer auf dem Hohewartskopf.
Abb. 096 Schneekopf (978m ü. M.)
- im 16. und 17. Jhd. Bergwerke;
- 1772 erste Hütte (bis 1796);
- Kreiserhaus mit Stall (1804 - 1828);
- anschließend bis 1841 hölzerner Aussichtsturm;
- 1852 Bau eines steinernen Turms (Bild mit dem armen Turmwärter Machalett);
- 1866 Turmwärterhäuschen;
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Abb. 097 Schneekopf nach der Jahrhundertwende ⇒(EA119) |
Erster Wächter des neuen Turmes war der invalide Holzhauer Karl Machalett. Nachts schlief er bei seiner Familie in Gehlberg. Tagsüber musste er sich aber bei Wind und Wetter in einer dürftigen Baumrindenhütte auf dieser nahezu höchsten Stelle des Gebirges aufhalten. Kein Wunder, dass seine Uniform rasch so unansehnlich wurde, dass ihn bald kein Mensch mehr für den amtlich bestellten Turmwärter ansah. Förster Morba von der Schmücke veranlasste schließlich, dass er eine Uniform aus besserem Tuch bekam, später auch einen Mantel (!) und – nach Jahren – eine weitere Uniform. Anstelle einer wetterfesten Behausung stand man ihm aber lediglich ein paar Bretter des auf der Schmücke abgerissenen Fohlenstalles zu, mit denen er seine Hütte ausbessern sollte. Erst 1866 wurde endlich ein Turmwärterhäuschen errichtet und 1872 erweitert. Von 1875 an musste Machalett Amt und Einnahmen mit dem pensionierten Waldwart Heinz teilen, starb aber bald danach. Karl Machalett war der erste Mensch, der längere Zeit auf dem Schneekopf gelebt hatte.
Noch länger lebte der spätere Turmwärter Vollrath auf dem Berge, allerdings unter wesentlich günstigeren Bedingungen. Nach dem Anschluss Gehlbergs an das Schienennetz war die Zahl der Besucher des Gipfelgebietes so angewachsen, dass es sich lohnte, Getränke, sonstige Erfrischungen und Andenken an sie zu verkaufen. Vollrath wohnte von Anfang Mai bis zum Oktober auf dem Schneekopf. Im Winter arbeitete er im Glaswerk Ilmenau. Er hielt sich eine, zeitweise auch zwei Kühe. Zum Transport des Wassers und der Waren benutzte er anfangs ein Eselchen, später ein kleines Pferd. Wenn des Wetters wegen keine Gäste zu erwarten waren, fuhr er damit zum „Langerain“ und grub nach Schneekopfkugeln, mit denen er gute Geschäfte machen konnte. Er hörte 1936 nach 32jähriger Tätigkeit auf und wurde 1937 von Paul Teichmüller ⇒(EA1937-001) abgelöst. Auch dieser hielt sich Vieh und arbeitete während des Winters in Gehlberg. Die Bewirtschaftung des Schneekopfes erfolgte im Auftrage des Schmückerwirtes. Von dort holte Teichmüller Wasser, Getränke, Süßigkeiten, Andenken und Ansichtskarten und war prozentual an deren Umsatz beteiligt. Für die Turmbewachung erhielt er freie Kost und Unterkunft. Da er täglich zu bestimmter Zeit die oft sehr zahlreichen Ansichtskarten an den Fahrer des von Oberhof kommenden Postautos abliefern musste, erhielt er von der Postverwaltung jährlich einige Freifahrten mit dem Bus nach Ilmenau.
Die Familie Teichmüller war zunächst äußerst zufrieden mit ihrem Leben auf dem Berge. Freilich musste man tüchtig sein und früh aufstehen, denn der Andrang der Wanderer war zuweilen groß und begann – besonders zu Himmelfahrt und Pfingsten – schon sehr bald, wollten doch viele Naturfreunde den Sonnenaufgang vom Turm aus erleben.
Leider störten Hitlers Kriegsvorbereitungen bald das Idyll. Schon 1937 ließ die Regierung im Gipfelgebiet Bohrungen durchführen, um sich Unterlagen über den dortigen Baugrund zu verschaffen. Da sich auf dem Beerberg Moorboden befand, ließ sie ihre militärischen Objekte auf dem Schneekopf anlegen. 1938 entstanden 12 große Betonsockel als Fundamente für 3 umfangreiche Profilstahlkonstruktionen von etwa 16 Meter Höhe. Jede trug eine brückenartige Plattform von je 16 m Länge und 3 m Breite für das Antennenzubehör der „Relaisstation“. Darunter entstanden ein Arbeitsraum und ein Keller für die Maschinenanlage. Für das technische Personal wurde zunächst eine Baracke montiert. Eigenartigerweise vergrößerte man im gleichen Jahre aber auch das bisher 4 m x 5 m Grundfläche bedeckende Turmwärterhäuschen um einen Schlafraum, Keller und einen Stallanbau. Doch vergaß man, eine Treppe zu dem geräumigen Dachgeschoss anzulegen. Es konnte nur über eine Leiter erreicht und deshalb nur als Speicher verwendet werden.
Das Personal der militärischen Anlage führte ein schönes Leben auf dem Berge. Besonders die Maschinenmeister waren ziemlich anmaßend und nahmen es mit ihren Pflichten nicht sehr genau. Nicht selten empfingen sie den Besuch „lockerer Damen“, verschwanden mit ihnen in ihrem Gebäude, das sie sorgsam abschlossen, um so schnell nicht wieder zum Vorschein zu kommen.
1939 entstand eine weitere Baracke nördlich des Gipfels an einer sehr ungünstigen Stelle, auch wurde ein Wasserbassin angelegt. Nun zog auch offiziell Militär auf dem Schneekopf ein. Für Zivilisten wurde er als Träger eines geheim zuhaltenden Objektes gesperrt. Paul Teichmüller gab seine Arbeit auf. Er übernahm 1942 die Bewirtschaftung des Mönchhofes.
Die Stahlkonstruktion bewährte sich offensichtlich nicht. Im Kriege ersetzte man sie durch eine hölzerne Anlage. Schwere Waffen oder Flugabwehrgeschütze wurden auf dem Schneekopf nicht montiert. Nach dem Kriege zerstörten die Amerikaner nicht nur die militärischen Anlagen und Baracken, sondern auch das Turmwärtergebäude. Lediglich der Turm blieb erhalten. Er hatte aber schwer gelitten, weil man die metallbeschlagene Bedachung, die allabendlich und bei schlechtem Wetter geschlossen werden musste, jahrelang offen gelassen hatte. Besonders die schwere Treppe aus Eichenholz war im oberen Teil stark verrottet. Wie überall im Lande gab es also nach dem 2. Weltkrieg auch auf dem Schneekopf nur Ruinen.