1946

Autoren: K.-J. Schmidt bzw. Reinhard Schmidt, (1968 bzw. 2022) 


Obwohl der Winter nicht besonders streng war, wirkte er sich im sogenannten Altersheim, der „Gehlberger Mühle“, schlimm aus. Es wurde nicht ausreichend geheizt. Die Leute deckten sich mit allen möglichen Gegenständen (z.B. ihren Koffern) zu, die ihnen Schutz vor der Kälte bieten konnten. Obwohl ihnen nach Bekanntwerden der Lage geholfen wurde, nahm die Zahl der Todesfälle zu. Deshalb richtete man im Wald hinter dem Pensionshaus einen kleinen Friedhof ein. Das Gebäude des ehemaligen Schießstandes wurde zur Leichenhalle.14)

Im Ort arbeiteten die Gemeindeschwestern Else Germershaus, Hildegard Schmidt und Marta Lapp.1)

Am 11.01.1946 fragte die Gemeinde ab, wie viele Kindergartenplätze benötigt würden. Der Kindergarten sollte in der Schule untergebracht werden, was Jahre später zu Problemen führte.8)
Diese Probleme deuteten sich bereits im Oktober an, als die Kreisbeauftragte für Kindergärten die Schulräumlichkeiten besichtigte, diese für geeignet befand und in der Folge der Frau des ehemaligen Lehrers Weisheit nahegelegt wurde, sich anderweitig Wohnraum zu suchen.17)

Zum Jahresbeginn gab es in Gehlberg 16 Kraftfahrzeuge. Von diesen waren 6 aus unterschiedlichen Gründen nicht fahrbereit.7)

Mangel herrschte nicht nur bei Lebensmitteln, sondern auch bei der Energieversorgung. Damit genügend Lebensmittel hergestellt werden konnten, erhielten die Bäckereien zwischen 1946 und 1951 gesonderte Kohlekontingente.10)
Auch bei der Strom- und Gasversorgung gab es Einschränkungen. So durfte z. B. 1946 zwischen 8 und 12 Uhr bzw. 14 und 16 Uhr kein Strom verwendet werden – mit einer Ausnahme: die Rohrziehmaschine der Fa. Schott.11)

Am 31.03.1946 wurde das Forstamt Gehlberg (Schmücker Straße 55) aufgelöst und dem Forstamt Geraberg angegliedert. Gehlberg war nunmehr nur ein Forstbezirk, dessen Leiter der Förster Straßenmeier wurde. Mathesy und Straßenmeier blieben als Revierförster in Gehlberg.2)

Gehlberger Bürger mussten an der Ausgrabung der Kabel teilnehmen, die gegen Ende des Krieges für militärische Zwecke entlang der Straße Oberhof – Schmücke – Schmiedefeld verlegt worden waren. Am 13. 06. wurden sie dabei von einem Nordsturm überrascht. Die Männer ergriffen die Flucht und kämpften sich gegen die Gewalt des Windes nach Gehlberg durch. Hunderte Hektar Waldes wurden durch Windbruch vernichtet. Begünstigt durch den urwaldartig am Boden liegenden Bruch vermehrte sich der bereits am Kriegsende verstärkt vorhandene Fichtenborkenkäferbefall außerordentlich und breitete sich mit großer Geschwindigkeit in den Wäldern um Gehlberg aus. In den nicht umgebrochenen Beständen löste sich die Rinde von den Stämmen, die Bäume starben. Ihre Nadeln wurden braun und fielen ab. Ging man durch einen von Käfer befallenen Wald, so hörte sich das Herabfallen der Fichtennadeln wie ein Dauerregen an. Die Einwohner durften sich die abgestorbenen Bäume als Brennholz fällen. Überall entstanden Kahlschläge. Nach und nach verschwand der Wald vom gesamten Gipfelgebiet.



Abb. 1946-002 3) 

1946 003 Holzeinschlag Seite2Abb. 1946-003 3) 


Am 15.06.1946 konnte das neue Haus bezogen werden, das Frau Elli Adolph auf dem Platz des 1945 durch Artilleriebeschuss abgebrannten Gebäudes (Hauptstraße 1) errichten ließ. Pferde und Vieh hatte sie nach der Zerstörung ihres Hauses in den ehemaligen Stallungen der Firma Heinrich Hartwig (Hauptstraße 37) untergestellt. Ihr Mann, Hermann Adolph, befand sich noch in amerikanischer Gefangenschaft. Das Fuhrwerk kutschierte deshalb für ihn der Fuhrmann Gustav Grimm.

Am 28.06. erging eine Verfügung, wonach der Gemeinderat durch eine „beratende Körperschaft“ mit folgender Struktur zu ersetzen sei:
2xSED, 2xLDP, 2xCDU, 2xFDGB, 1xBauernhilfe, 1xFDJ, 1xFrauenausschuss 16)

Am 01.07.1946 wurde der Bürgermeister Otto Hartwig I durch Herrn Oskar Hartwig (Schmücker Straße) abgelöst.

Am 17.07. stellten zwei Einwohner bei einer Flurstreife fest, dass einzelne Kartoffelpflanzen vom Colorado - Käfer befallen waren.

Die ersten Wahlen nach der nationalsozialistischen Diktatur fanden am 8.9.1946 statt. Es wurden der Gemeinderat und die Gemeindevertretung gewählt. Ihr gehörten Hermann Greiner, Rudolf Grimm, Albert Hartwig III, Richard Gier, Albin Stollberg, Zoltan Matzenauer, W. Schadek, Franz Bothe und Kurt Finzel an. Es wurden eine Ernährungs- und Preiskommission sowie ein Wirtschaftsausschuss gebildet, der u. a. Den Verkauf von Mangelwaren kontrollieren sollte. Die Einwohner, die eigenes Vieh besaßen, erhielten ein „Ablieferungssoll“ für Fleisch und Butter auferlegt, durch das sie zur Ernährung der Bevölkerung beizutragen hatten. Die Verteilung von Milch erfolgte nicht mehr durch Hugo Gier, sondern durch Wally Anschütz in ihrem dafür gut geeigneten Fleischerladen.15)

Am 2. Oktober bekam Gehlberg 75 Ostumsiedler aus dem Quarantänelager Ilmenau zugewiesen.4)

Am 07.10.1946 erfragte die Industrie- und Handelskammer alle Industrie-, Handels- und Gewerbebetriebe. 12)


1946 004 10 07 Unternehmen01
Abb. 1946-004 
1946 005 10 07 Unternehmen02
Abb. 1946-005 

 

Mehrfach wurden „Fertigungslisten“ abgefordert. Neben den erzeugten Produkten wurden darin auch die eingesetzten Rohstoffe aufgelistet. Exemplarisch wurde die der Firma Gundelach(zu diesem Zeitpunkt landeseigener Betrieb) beigefügt. 13)

1946 006 12 11 Gundelach1
Abb. 1946-006 
1946 007 12 11 Gundelach2
Abb. 1946-007 


Am 02.11.1946 kam es zu einem tödlichen Unfall auf der Eisenbahnstrecke zwischen Gehlberg und Gräfenroda. Ein ortsfremder Mann, der nach Geschwenda wollte war irrtümlich im Bahnhof Gehlberg ausgestiegen. Er lief auf dem Bahnkörper Richtung Dörrberg und wurde von einem Güterzug überfahren. 5)

Zum 10.11.1946 wurde seitens des Gemeindeamtes gemeldet, dass 7 Umsiedler ohne polizeiliche Abmeldung in den Westen verzogen waren.6)

Am 27.11. beantragen die SED-Mitglieder der Gemeindevertretung, dass Ludwig Treß (LDP-Fraktion) auszuschließen sei. Begründung: „Herr Treß hatte am 15.10.46 ein selbst angefertigtes Plakat mit folgendem Text zum Aushang gebracht: ‚S.E.D. = Sicheres Ende Deutschlands‘ „. Der Antrag wurde mit 6 gegen 6 Stimmen und 1 Enthaltung angenommen.18)

Mit dem Tod von Kurt Kirchner wurde dessen Frau Paula alleinige Inhaberin der Firma Emil Fleischhauer (Hauptstraße 7).

Die Geburtenzahl betrug in diesem Jahr nur 6. Das war der niedrigste Stand seit 1933. (Damals wurden nur 5 Kinder geboren). Die Zahl der Sterbefälle erreichte mit 34 eine bisher in Gehlberg nie gekannte Höhe.

Damit genug Brot gebacken werden konnte, bekamen die Bäcker extra Kohlekontingente. Dies war bis 1951 so.9) 



1) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 76; 05.10.1946 und 27.12.1946; Gemeindeschwestern
2) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 110; 30.03.1946; Auflösung Forstamt Gehlberg
3) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 110; 05.03.1946; Holzeinschlag durch Betriebe
4) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 42; 27.09.1946; Ostumsiedler
5) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 140
6) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 146
7) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 133 . 11.02.1946
8) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 289 . 11.01.1946
9) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 162
10) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 162
11) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 311
12) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 311 . 07.10.1946
13) Stadt- und Kreisarchiv Arnstadt; Bestand Gehlberg; Signatur 311 . 10.12.1946
14) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 456 . 07.02.1946 . Sitzungsbericht 33
15) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 456 . 21.02.1946 . Sitzungsbericht 35
16) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 456 . 28.06.1946 . Sitzungsbericht 37
17) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 456 . 04.10.1946 . Sitzungsbericht 39
18) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 456 . 27.11.1946 . Sitzungsbericht 41 

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