Unveränderter Wortlaut der von K.-J. Schmidt erstellten Chronik
Nachdem am 1. August die Mobilmachung angeordnet worden war, gab es zunächst keine einheitliche Reaktion unter den Menschen. Auf der einen Seite trieb der Hurra-Patriotismus noch üppigere Blüten als vorher. Andererseits erwachten aber auch echte Gefühle und der gesunde Menschenverstand wieder. Ein Teil der Gehlberger Männer wurde sofort zum Militärdienst eingezogen. Auf dem Bahnhof spielten sich unvergessliche Abschiedsszenen ab. Die noch nicht – oder nicht mehr Wehrdienstpflichtigen versuchte man durch pseudopatriotische Dienste für den Krieg zu begeistern. So begann ein ziemlich überflüssiger Rummel. Alte Männer wurden an der Bahnlinie, am Mühlweg- und Schneetiegeldurchlass sowie am Wasser-Hochbehälter postiert. Stramm standen sie vor provisorischen Schilderhäuschen aus Ästen und Zweigen Wache. Es dauerte eine ganze Weile, bis man sich bewusst wurde, dass dies eine Beschäftigung ohne Nutzeffekt war.
Abb. 065 Wache an der Unterführung vor dem "Glöckchen im Tal" ⇒(EA071) |
Jugendliche von 16 Jahren an erhielten eine vormilitärische Ausbildung in der sogenannten „Jugendwehr“. Mit Holzgewehren exerzierten sie nach dem preußischen Exerzier-Reglement oder führten Kampfspiele im Gelände aus. Beides entsprach der Wirklichkeit eines modernen Krieges in keiner Weise und war deshalb ziemlich zwecklos.
Vorläufig spürte Gehlberg die Schrecken des Krieges nicht sehr. Es hatte in diesem ersten Kriegsjahr nur einen Gefallenen zu beklagen. Eingezogen waren bis Ende 1914 etwa 80 Männer des Ortes.
Das wirtschaftliche Leben ging anfänglich noch relativ langsam zurück. So konnte trotz des Krieges die Arlesberger Straße kanalisiert werden. Außerdem wurde das „Lapps-Haus“ abgerissen. Es stand zwischen den Häusern Hauptstraße 17 und 19, also genau auf dem heutigen Eingang zur „Gass“. Diese war ursprünglich ein schmaler Weg, der geradlinig abwärts in die Flur führte. Die Fahrstraße nach Arlesberg hingegen begann schon am Eichhorns-Haus, wo die (alte) Straße nach Gräfenroda (der alte Mühlweg) von der Hauptstraße abzweigte. Sie führte vom Hause Hauptstraße 1 weiter zum Trogweg. Erst nach der Verbreiterung der „Gass“ stellte man bei dem eben erwähnten Haus die untere Verbindung zur Hauptstraße her. Außerdem konnte man ihren Eingang, der ursprünglich dicht am Gasthaus „Herzog Alfred“ (ehem. „Anker“) entlang führte, durch die Entfernung des Lapp-Hauses begradigen und verbreitern.
Abb. 063 Lapps Haus (vorher des "Schürers", Hermann Hartwig), 1914 abgerissen ⇒(EA072) |
Im zweiten Kriegsjahr wurde die Verknappung vieler Dinge spürbar. Brotkarten mussten eingeführt werden. Das wirtschaftliche Leben stagnierte. Der Staat begann mit Sammelaktionen, um Rohstoffe für die Kriegsführung zu bekommen. Unter anderem wurde eine „Reichs-Wollwoche“ und eine „Reichs-Metallwoche“ durchgeführt. Den Briefträger erwarteten die Frauen mit Bangen. Zwölf Mal brachte er im Jahre 1915 die gefürchteten Briefe: „Für Kaiser und Reich …“
Ein Soldat aus Gehlberg wurde als „vermisst“ gemeldet. Tatsächlich starben in diesem Jahr aber 15 Gehlberger Männer auf den Schlachtfeldern.
Die hiesige Feuerwehr musste zwei Mal ausrücken. Es brannte der Dachstuhl des „Café Kühn“ und das Motorenhaus der Glasinstrumentenfabrik Emil Fleischhauer.
Ritterstraße, Bergstraße und Elgersburger Straße konnten zwar noch für 16 000 Reichsmark kanalisiert werden, die Firma Schilling jedoch musste die Rohglaserzeugung wegen Kohlemangel einstellen.
1916 verschlechterte sich die Lage weiter. Fleisch und andere Nahrungsmittel, ja sogar Petroleum und Seife waren nur noch in geringen Mengen auf Karten zu bekommen. Die Bevölkerung begann zu hungern. Die Einwohnerzahl ging auf 817 zurück. 150 Männer befanden sich beim Heeresdienst. 4 Gefallene waren zu beklagen.
Es ist verständlich, dass durch den Krieg auch der Fremdenverkehr nachließ. Schon im zweiten Kriegsjahr kamen nur noch einzelne, 1917 gar keine Kurgäste mehr in den Ort. Diese Erwerbsminderung machte sich stark bemerkbar, zumal ja auch bei Schilling schon seit geraumer Zeit nichts mehr verdient werden konnte. Zum Hunger kam noch die Not. Auch in bürgerlichen Kreisen war von der Kriegsbegeisterung des Jahres 1914 nicht mehr viel übrig geblieben. Die Durchhalteparolen unverbesserlicher Monarchisten und entsprechende Artikel in den Zeitungen fanden bei den Leuten kein Echo mehr. Unmut und bittere Bemerkungen rief die Ablieferung einer Kirchenglocke zur Einschmelzung für Kriegszwecke hervor ⇒(EA127). 1917 fielen 5 Gehlberger Soldaten im Felde. Im letzten Kriegsjahr kamen noch 8 Tote dazu. 30 Wehrpflichtige waren reklamiert. Sie arbeiteten in Würzburg als Glasbläser und stellten Röhren für die Funkgeräte des Heeres her.
Bereits vor dem Kriege war im Betrieb des Emil Fleischhauer ein Arbeiterunterstützungsverband Gehlberger Glasarbeiter entstanden, dem nach und nach auch Arbeiter der anderen Betriebe des Ortes beitraten. Im Frühjahr 1918 entwickelte sich aus dieser ausschließlich sozialen Zwecken dienenden Organisation heraus eine Ortsgruppe des Glasarbeiterverbandes, also eine regelrechte Gewerkschaft mit kämpferischer Zielstellung.
Der Zusammenbruch war vorauszusehen. Von der farbenprächtigen „schimmernden Wehr“ Kaiser Wilhelms II. war eine Armee schlecht genährter Soldaten übrig geblieben, die ständig Mangel an Waffen und Munition hatte und fürchterliche Verluste erlitt. Genauso kriegsmüde waren die Menschen in der Heimat, die versuchten, mit Rüben und allen möglichen „Ersatz“-Lebensmitteln den ständigen Hunger nur einigermaßen zu stillen. Die unverantwortlich handelnden Militaristen im Generalstab hingegen glaubten, durch eine letzte Offensive den Krieg doch noch gewinnen zu können. Sie kostete Ströme von Blut und schlug, wie zu erwarten war, fehl. Im November 1918 weigerten sich die Matrosen in Kiel, mit ihren Schiffen zu einer Seeschlacht auszulaufen. Die Revolution griff auf das ganze Land über. Am 9. November rief Scheidemann die Republik aus. Der Kaiser dankte ab und floh nach Holland. Am 11. November wurde der Waffenstillstand im Walde von Compiègne unterzeichnet. Nach dem Vorbild der russischen Revolutionäre bildeten sich überall Arbeiter- und Soldatenräte. Die Regierungsgeschäfte übernahm ein sozialdemokratischer Rat der Volksbeauftragten.
Der Zusammenbruch des Kaiserreiches zog Veränderungen in den Länderverwaltungen nach sich. Durch die Fürstenenteignung wurden die beiden schwarzburgischen und die ernestinischen Fürstentümer Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg sowie Sachsen-Coburg-Gotha, dem Gehlberg angehörte, zu Freistaaten.
Ritterstraße, Bergstraße und Elgersburger Straße konnten zwar noch für 16 000 Reichsmark kanalisiert werden, die Firma Schilling jedoch musste die Rohglaserzeugung wegen Kohlemangel einstellen.
1916 verschlechterte sich die Lage weiter. Fleisch und andere Nahrungsmittel, ja sogar Petroleum und Seife waren nur noch in geringen Mengen auf Karten zu bekommen. Die Bevölkerung begann zu hungern. Die Einwohnerzahl ging auf 817 zurück. 150 Männer befanden sich beim Heeresdienst. 4 Gefallene waren zu beklagen.
Es ist verständlich, dass durch den Krieg auch der Fremdenverkehr nachließ. Schon im zweiten Kriegsjahr kamen nur noch einzelne, 1917 gar keine Kurgäste mehr in den Ort. Diese Erwerbsminderung machte sich stark bemerkbar, zumal ja auch bei Schilling schon seit geraumer Zeit nichts mehr verdient werden konnte. Zum Hunger kam noch die Not. Auch in bürgerlichen Kreisen war von der Kriegsbegeisterung des Jahres 1914 nicht mehr viel übrig geblieben. Die Durchhalteparolen unverbesserlicher Monarchisten und entsprechende Artikel in den Zeitungen fanden bei den Leuten kein Echo mehr. Unmut und bittere Bemerkungen rief die Ablieferung einer Kirchenglocke zur Einschmelzung für Kriegszwecke hervor ⇒(EA127). 1917 fielen 5 Gehlberger Soldaten im Felde. Im letzten Kriegsjahr kamen noch 8 Tote dazu. 30 Wehrpflichtige waren reklamiert. Sie arbeiteten in Würzburg als Glasbläser und stellten Röhren für die Funkgeräte des Heeres her.
Bereits vor dem Kriege war im Betrieb des Emil Fleischhauer ein Arbeiterunterstützungsverband Gehlberger Glasarbeiter entstanden, dem nach und nach auch Arbeiter der anderen Betriebe des Ortes beitraten. Im Frühjahr 1918 entwickelte sich aus dieser ausschließlich sozialen Zwecken dienenden Organisation heraus eine Ortsgruppe des Glasarbeiterverbandes, also eine regelrechte Gewerkschaft mit kämpferischer Zielstellung.
Der Zusammenbruch war vorauszusehen. Von der farbenprächtigen „schimmernden Wehr“ Kaiser Wilhelms II. war eine Armee schlecht genährter Soldaten übrig geblieben, die ständig Mangel an Waffen und Munition hatte und fürchterliche Verluste erlitt. Genauso kriegsmüde waren die Menschen in der Heimat, die versuchten, mit Rüben und allen möglichen „Ersatz“-Lebensmitteln den ständigen Hunger nur einigermaßen zu stillen. Die unverantwortlich handelnden Militaristen im Generalstab hingegen glaubten, durch eine letzte Offensive den Krieg doch noch gewinnen zu können. Sie kostete Ströme von Blut und schlug, wie zu erwarten war, fehl. Im November 1918 weigerten sich die Matrosen in Kiel, mit ihren Schiffen zu einer Seeschlacht auszulaufen. Die Revolution griff auf das ganze Land über. Am 9. November rief Scheidemann die Republik aus. Der Kaiser dankte ab und floh nach Holland. Am 11. November wurde der Waffenstillstand im Walde von Compiègne unterzeichnet. Nach dem Vorbild der russischen Revolutionäre bildeten sich überall Arbeiter- und Soldatenräte. Die Regierungsgeschäfte übernahm ein sozialdemokratischer Rat der Volksbeauftragten.
Der Zusammenbruch des Kaiserreiches zog Veränderungen in den Länderverwaltungen nach sich. Durch die Fürstenenteignung wurden die beiden schwarzburgischen und die ernestinischen Fürstentümer Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg sowie Sachsen-Coburg-Gotha, dem Gehlberg angehörte, zu Freistaaten.
Später (1920) vereinigten sie sich zum „Freistaat Thüringen“, ausgenommen Coburg, welches sich Bayern anschloss.