[Anhang 3] Entwicklung des Schulwesens in Gehlberg 1670 -1945

Gemäß DSGVO geänderter Text 
Im Jahre 1642 hatte Herzog Ernst der Fromme für sein Land einen wöchentlich zwei- bis dreimaligen Unterricht der Erwachsenen ohne Unterschied des Alters angeordnet. Ein Zeitgenosse, Theophilus Großgebauer, schrieb hierüber: „Ich habe erlebt, dass ein löblicher Landesfürst an einem Ort anfangen ließ in seinem ganzen Lande, beides, die alte und junge Männer, Weiber, Jungfrauen, Kinder und Gesinde zu unterrichten mit der Katechismuslehre und mündlichem Verhör durch Frag und Antwort. Ach, was für eine Menge loser Leute unter Hohen und Niedrigen fand sich alsbald, die das Werk Gottes lästerten und allerlei Gespei dawider sangen und redeten. Hernach aber, da der Teufel verachtet ward, und das Wort Gottes fortging, da begunten die armen Leute allmählich zu sehen, was große Wohltat Gott an ihnen durch ihren Landesherren in diesem Punkt bewiesen hatte und dankten Gott dafür.“
Diese Maßnahme zielte also nicht nur auf eine Erhöhung des Bildungsniveaus der Bevölkerung hin, sondern diente auch dazu, die Unzufriedenen mit Hilfe der Religion zu gefügigen Untertanen zu machen. Da dies bei den wohlhabenden „Honoratioren“ nicht notwendig erschien, blieben sie von dem herzoglichen „Informationswerk“ befreit.
Durch eine Kirch- und Schulvisitation kam 1670 aber heraus, dass der befohlene Unterricht in Gehlberg gar nicht durchgeführt wurde. Auf Ersuchen des Zella-Mehliser Amtsschössers erklärten sich die beiden Glasmeister Michael Sorge und David Schmidt bereit, einen ledigen Schuldiener mit Kost, Wäsche, Wohnung und einer jährlichen Besoldung von 12 Gulden zu versehen. Da dies nun doch zu kärglich war, legte der Herzog noch ganze 8 Gulden zu. Der Geraberger Pfarrer sollte den „Praezeptor“ Johann Schiek in Gehlberg einführen. Weil er aber den beschwerlichen Weg „nach der Glashütte“ scheute, den seine dortigen Pfarrkinder ja zu jedem Gottesdienst zurücklegen mussten, gab er dem Schuldiener lediglich einen Wegführer mit. Die beiden erlebten eine böse Überraschung, denn die Glaser hatten ihre Zusage längst bereut und nahmen den Lehrer nicht auf. Der Pfarrer berichtete den Vorfall nach Gotha. Die Glasmeister wurden nach Zella beordert und mussten schließlich nachgeben.
Im Frühjahr 1671 konnte Schiek sein Amt endlich antreten. Seine Arbeitsbedingungen waren noch schlechter als die Besoldung, hatte er doch reihum in den Häusern des Ortes zu unterrichten und mit dem vorlieb zu nehmen, was man ihm dort an Nahrung reichte und als Schlafgelegenheit zuwies. Alle paar Wochen musste er umziehen und wurde gar bald in die kleinen Zwistigkeiten der Einwohner hineingezogen. So kam es vor, dass einzelne Eltern ihre Kinder nicht zum Unterricht gehen ließen, weil sie mit den Besitzern des Hauses uneinig waren, in dem der Präzeptor gerade lehrte. Es ist also verständlich, dass Schiek nur knapp ein Jahr bleib. Seinen Nachfolgern ging es nicht besser. Sie wechselten oft, und es wurde schließlich immer schwieriger, Ersatz zu finden. Der Gerechtigkeit halber ist zu sagen, dass es nicht nur Böswilligkeit der Glasbläser war, die den Schuldienern das Leben so schwer machte. Die Leute auf dem Walde waren eben sehr arm und litten selbst Not. Oft hatten sie selbst nicht genug zu essen und sollten doch noch den Lehrer ernähren. Das konnte nicht gut gehen. So wird von dem Präzeptor Johann Hartwig, der aus Breitenbach hierher gekommen war, berichtet, dass er „für ganz besonders ausgezeichnet an Kenntnissen gehalten, später aber wegen Blindheit pensioniert und in bitterer Armut starb“. Der Herzog ließ also seinen Diener jämmerlich umkommen.
Hartwigs Nachfolger, Martin Jakob Fleischhauer aus Unterneubrunn in Franken, der 1723 als Schuldiener in den Ort kam, hatte mehr Glück. Er lernte die Tochter Anna Catharina des Glasmeisters Heinz kennen und heiratete sie 1728.
Noch immer musste der Lehrer aber Woche für Woche in einem anderen Hause lehren und wohnen. Gesuche der Glasmeister an das Oberkonsistorium wegen des Baues eines Hauses für Schule, Gottesdienst und Lehrerwohnung waren 1717 ebenso erfolglos geblieben wie 1730 und 1733. Deshalb begann der Schwiegervater des Präzeptors schließlich mit dem Bau eines kleinen Häuschens auf eigenem Boden. Als der Zellaer Amtmann davon erfuhr, verlangte er wegen des damals für die Walddörfer bestehenden Bauverbots, dass das bereits begonnene Werk sofort eingestellt und die schon stehenden Wände wieder niedergerissen würden. Fleischhauer hingegen wandte sich mit Bittgesuchen an das Oberkonsistorium, um sein Häuschen fertig stellen zu können. Er scheint Erfolg gehabt zu haben, denn die mündliche Überlieferung nennt das seit weit über 200 Jahren im Besitz seiner Nachfahren befindliche Haus Arlesbergerstraße 14 als erste „Schule“ Gehlbergs. Der untere (nordöstliche) Teil sei Wohnung gewesen, der obere (südwestliche) habe als Schulraum gedient.


Abb. 086
Erst der achte Lehrer in Gehlberg, Praezeptor Johann Hartwig aus Breitenbach, wurde ortsansässig (1683), starb aber 1722 in großer Armut. Sein Nachfolger Joh. Jakob Fleischhauer aus Unterneubrunn heiratete 1728 eine hiesige Glasmeisterstochter. Sein Schwiegervater baute im ein Haus (Arlesberger Straße 14), gewissermaßen die erste "Schule" im Ort. ⇒(EA112)WeltkugelFoto
Die erst 1853 begonnene Ortschronik der evangelischen Kirche gibt Fleischhauers Amtszeit von 1723 bis 1758 an. Als Nachfolger nennt sie seinen ältesten Sohn Johann Jakob, der bereits 1761 abgesetzt worden sein soll und den jüngsten Sohn Heinrich Friedrich, 1761 bis 1772 im Amt. Diese Angaben geben den wahren Sachverhalt sicher nicht ganz richtig wieder. Johann Jakob erscheint auf keiner Urkunde, Heinrich Friedrich wird nur als Schul-Subtenant erwähnt, gilt aber sonst als Glasschneider und Glasmaler. Dagegen vermeldet das Sterberegister, dass der Präzeptor Martin Fleischhauer am 10. Mai 1772 im Alter von 79 Jahren, 4 Monaten, drei Wochen und 5 Tagen starb, nachdem er fast 50 Jahre als Lehrer amtierte. Wegen der großen Not wurde er, wie andere Tote dieser schlechten Zeit, völlig unbekleidet in seinen Sarg gelegt und beerdigt. Seine Angehörigen dürften auch wenig davon gespürt haben, „was große Wohltat Gott an ihnen durch ihren Landesherrn in diesem Punkt bewiesen hatte …“
Wie schon erwähnt, hatten die Glasmeister mehrfach um den Bau eines Schulhauses gebeten. Die Behörden waren aber taub dafür und rieten den armen Leuten, erst einmal selbst Geld zu einem solchen Zweck zu sammeln. Tatsächlich brachten diese ziemlich bald 200 Gulden zusammen. Dem Konsistorium war aber der Schulbau nicht so wichtig. Zusammen mit den Zellaer Adjunkten befürwortete es vielmehr den Bau einer Kirche, welche 1749 bis 1751 errichtet wurde. 1754 kam der erste Pfarrer in den Ort, und es stellte sich die Frage, wie er besoldet werden sollte. Martin Fleischhauer lebte und amtierte noch. Man hoffte aber, dass er bald sterben würde und versprach dem Pfarrer das Lehrergehalt nebst einiger Zulagen als Pfarrerbesoldung, wenn er neben dem Gottesdienst auch noch Schule halten würde. Diese Rechnung ging aber nicht auf. Fleischhauer starb ja erst 1772. Bis dahin musste sich der arme Pfarrer Hochgesang mit ganz kümmerlichen Geldern behelfen. Aus seinen zahlreichen Bittgesuchen kennen wir heute die katastrophale Lage der Gehlberger Bevölkerung jener Tage. Nach Fleischhauers Tod erteilten die Geistlichen wirklich den Schulunterricht und erhielten auch die Lehrerbesoldung. Der Raum im Fleischhauerhaus stand ihnen aber auf die Dauer nicht zur Verfügung. Deshalb wurde in Altenburg eine Kollekte veranstaltet, von deren Ertrag das durch Konkurs von Peter Greiners Erben verkäufliche Gebäude (heute Hauptstraße 46, erbaut 1709) als Pfarr- und Schulhaus erworben werden konnte.

087 Zweite SchuleAbb. 087
Joh. Peter Greiners Haus Hauptstraße 46, wurde Pfarr- und Schulgebäude.
 ⇒(EA113)WeltkugelFoto
Die Qualität des Unterrichtes der Geistlichen war nicht besser als die der mangelhaft ausgebildeten Präzeptoren. Die Verknüpfung von Pfarr- und Lehreramt verleitete die ohnehin mit geringen Einkünften unzufriedenen Geistlichen leicht zur Vernachlässigung des Unterrichts. So ergab eine 1796 abgehaltene Schulvisitation, dass die Kinder der vierten Klasse nicht richtig lesen konnten. Nur zwei Schüler der Oberklasse vermochten ganze Sätze richtig zu schreiben. Die übrigen Kinder waren lediglich in der Lage, einzelne Worte richtig nachzuschreiben, die man ihnen auf der Vorderseite des Blattes vorgeschrieben hatte. Erd-, Natur- und Heimatkunde wurden überhaupt nicht gelehrt, Rechnen nur wenig und lediglich im Zahlenraum von 1 bis 100.
Dafür standen Bibelaufschlagen und Bibelversaufsagen im Lehrplan. Doch auch hierin war der Unterrichtserfolg gering.
Als 1814 Pfarrer Göring nach dringenden Bitten von Gehlberg nach Sülzenbrücken versetzt worden war, fand sich kein Nachfolger, der in dem armen Walddorf amtieren wollte. Pfarr- und Schulamt fielen wieder an Geraberg zurück. Da der dortige Pfarrer Kohlhardt weder seinen kirchlichen, geschweige denn seinen schulischen Verpflichtungen nachkam, sollte 1815 wieder ein Lehrer zu den Glasern kommen. Der hierfür gewonnene Seminarist Heß aus Gotha, der „weder einen Choral ordentlich singen, noch die Orgel spielen konnte und auch im Lesen nicht sonderlich geübt war“, wurde aber schon im Frühling des gleichen Jahres zum Feldzug gegen Napoleon eingezogen. Er war zugezogener Fremder, also kein ansässiger „Mitnachbar“, hatte folglich auch kein Anrecht auf die Befreiung von Fron- und Kriegsdiensten.
Endlich kam am 1.8.1815 in der Person des Lehrers Hildt ein tüchtiger und zuverlässiger Mann in den Ort. Da er von der geringen Besoldung nicht leben konnte, heiratete er bald in eine hiesige Familie ein, betrieb neben seinem Dienst etwas Landwirtschaft und brachte es durch Klugheit und Fleiß zu einem gewissen Wohlstand. Die Gemeinde war mit ihm recht zufrieden – nicht aber der Hirt, der die 5 Kühe des Schulmeisters hutgeldfrei auf die Trift mitzunehmen hatte. Hildt hatte außerdem Anspruch auf folgendes Minimum an Accidentien:
   - bei Hochzeiten: 12 Groschen bares Geld, 1 Schnupftuch und Teilnahme an der Festtafel;
   - bei Beerdigungen: 12 Groschen, wenn eine Leichenpredigt gehalten wird, 8 Groschen bei „einer bloßen Sermon“; 
   - bei Kindtaufen: 12 Groschen vom Kindsvater bar, 1 Batzen bis 1 Kopfstück von den Gevattern (zuweilen sogar 1 Gulden).
 
Während seiner Amtszeit wurde 1845 eine Schlaguhr auf dem Schulgebäude angebracht. Heinrich Hildt unterrichtete von 1816 bis 1855. Ihm folgte Friedrich Grökel aus Elgersburg, zeitweilig Gemeindeschreiber des Ortes. 1856 wurde eine Industrieschule eröffnet, in der die Mädchen das Nähen erlernen konnten. Es war dies ein Anfang der späteren Fortbildungs- und Berufsschulen. Die Gehlberger Klasse ging jedoch bald wieder ein.
Inzwischen war mit der Zahl der Einwohner auch die der Schulkinder so gestiegen, dass das bisherige Pfarr- und Schulhaus nicht mehr ausreichte. Deshalb wurde 1863 ein neues Schulgebäude (heute Hauptstraße 50) mit einem Aufwand von 2600 Talern gebaut. Die alte Schule erhielt der Glasmeister Emil Gundelach für 1000 Taler, nachdem er vorher schon die südliche Hälfte des Gebäudes erworben hatte.

088 Alte SchuleAbb. 088
Die "alt Schul" (alte Schule), Hauptstraße 50.
⇒(EA114)WeltkugelFoto 
  
1868 löste Ernst Möller den Lehrer Grökel ab. Möller war recht geschäftstüchtig. Er heiratete in die hiesige Familie Heinz ein und kam hierdurch zu Besitz. Jahrelang war er Bürgermeister. 1883 trat er als Lehrer und 1888 als Bürgermeister zurück, übernahm die 1801 wiedererbaute Mühle im Grund, die inzwischen zum Gasthaus geworden war. Eine andere Mühle im Schlagtal, die ihm durch seine (erste) Frau zugefallen war, verkaufte er sehr vorteilhaft an die Eisenbahn, die sie abreißen musste, um Platz für die Trasse zu bekommen.
Seit 1878 erteilten die Lehrer des Ortes auch Fortbildungsschulunterricht, jeweils einmal wöchentlich nach Feierabend.
Durch den Bahnbau war die Einwohnerzahl plötzlich auf über 1000 gestiegen. Möllers Nachfolger Nicolai konnte die 160 Schulkinder nicht mehr allein unterrichten. Der zu seiner Unterstützung eingesetzte Lehrer Köhler war aber krank, musste seinen Dienst schon 1885 quittieren und starb noch im gleichen Jahr in Zella-Mehlis. Nicolai war ein Prügelpädagoge. Den Jungen Hugo Machalett schlug er sogar zum Krüppel. Bei den herrschenden Kreisen des Ortes biederte er sich an. Nicolai wurde 1896 durch A. Schneider abgelöst. Dieser hatte aber eine merkwürdige Frau, um derentwillen er sich bereits 1902 nach Engelsbach versetzen ließ. Sein Nachfolger Louis Wollenhaupt versah seinen Dienst sehr nachlässig. Während er in Gehlberg oft nicht zum Dienst erschien, hielt er sich in Oberhof auf, angeblich um Nachhilfestunden zu geben. In Wirklichkeit hatte er dort ein Verhältnis. Als er 1903 die Schülerin Olga Pflügner wegen einer Kleinigkeit blutig geschlagen hatte, versetzte man ihn endlich, aber nach Bad Thal, was einer Beförderung gleichkam.
Ebenfalls 1896 wurde die bisherige Schuluhr in den Kirchturm eingebaut.
1897 zog für den verstorbenen Lehrer Köhler der aus Wernshausen stammende Richard Müllich nach Gehlberg. Er war ein ausgezeichneter Klavier- und Orgelspieler. Einen guten Tropfen verachtete er nicht. Täglich unternahm er einen Spaziergang, auf dessen Rückweg er alle Gasthäuser des Ortes der Reihe nach aufsuchte – nicht, ohne beim Fleischer Möller einen gehörigen Imbiss zu sich zu nehmen. Er vertrug große Mengen Bieres ohne betrunken zu werden. Durch seine Trinkfreudigkeit bekam er eine wahrhaft Fallstaffsche Figur. Müllich wurde bald Schulleiter und war als solcher sehr kollegial. Er blieb fast 40 Jahre im Ort.
In den neunziger Jahren erwies sich das erst 1863 erbaute Schulgebäude in der Hauptstraße schon als zu klein. Deshalb wurde 1899 in der späteren Schulstraße für 58.853 Mark eine neue Schule errichtet. Da man noch nicht daran dachte, alle Schuljahre getrennt voneinander zu unterrichten, erhielt sie nur zwei große Klassenräume. Im Vorderhaus wurden zwei ebenfalls sehr großräumige Lehrerwohnungen vorgesehen. Die Schule wurde am 29.9.1900 eingeweiht.
Im gleichen Jahr legte die hiesige Wilhelmine Hartwig (1865 – 1947) ihre Prüfung als Handarbeitslehrerin ab und unterrichtete fortan die Mädchen in diesem Fach.

089 Letzte SchuleAbb. 089
Das Schulgebäude (jetzt Schulstraße 3) wurde am 29.9.1900 eingeweiht. In den beiden Wohnungen im Vorderhaus (rechter Gebäudeteil) wohnten Lehrer Richard Müllich und (ab 1903) Karl Biemüller.
⇒(EA115)WeltkugelFoto 
 
1903 kam der spätere Oberlehrer und Schulmeister Karl Biemüller (in Tabarz geboren) aus Asbach bei Gotha nach hier. Wie weiland Martin Fleischhauer war er fast 50 Jahre im Amt. 1908 heiratete er die Tochter Elsa (1890 – 1963) Wendelin Hartwigs und der erwähnten Wilhelmine. Die junge Frau übernahm nun den bisher von ihrer Mutter durchgeführten Handarbeitsunterricht (bis 1933).
Karl Biemüller wurde im 1. Weltkrieg schwer verwundet und verlor ein Bein. Hierdurch konnte er bei schlechtem Wetter seine Wohnung nur wenig verlassen. Die ihm so aufgezwungene Beschränkung körperlicher Tätigkeiten während seiner Freizeit glich er durch umfangreiche Selbststudien aus. Zu seinen Fertigkeiten im Spiel von Klavier, Orgel und Violine eignete er sich noch Kenntnisse in 6 Sprachen, Stenografie, Imkerei, Pilzkunde und Obstbaumokulation an. Hierdurch konnte er nicht nur Privatstunden in Disziplinen erteilen, die in der Schule nicht unterrichtet wurden, sondern wurde auch oft um Rat und Auskunft angegangen. Er galt als Greis noch als Pilzexperte, der oft aufgesucht wurde.
Schon 1910 zeigte sich, dass die Schule mit nur zwei Klassenräumen nicht auskommen konnte. Für 14.000 Reichsmark wurde das Obergeschoss zum Berghang hin verlängert und so ein drittes Klassenzimmer und ein Unterrichtsmittelraum geschaffen. Nun konnte man die Kinder in drei Stufen unterrichten und zwar 1. bis 3., 4. und 5. sowie 6. bis 8. Schuljahr jeweils gemeinsam.
1921 unterrichtete der Lehrer Stephan aus Gräfenroda einige Monate für den erkrankten Ernst Kleißer. Stephan war der erste marxistische Pädagoge im Ort.
Ab 1923 wurde das Fach „Zeichnen für die Jugendlichen der Glasberufe“ anstelle des bisher von den Lehrern erteilten allgemeinen Zeichnens im Fortbildungsunterricht eingeführt. Es wurde nebenberuflich durch den Glasschreiber Hermann Scholz erteilt.
Als zweite marxistische Lehrkraft wirkte von 1922 bis 1924 die Lehrerin M. König in Gehlberg. Sie sah ihre Aufgabe nicht nur in der Lehrstoffvermittlung und der Einhaltung der hierzu unumgänglichen Disziplin, sondern auch auf erzieherischem Gebiet. So bemühte sie sich, das Selbstvertrauen der Waldkinder zu heben, indem sie ihnen kultivierte Umgangsformen beibrachte. Frl. König, die „Kommunistenlehrerin“, war in der sozialistischen Jugendbewegung tätig und leitete den hiesigen Arbeitergesangverein. Die weibliche Dirigentin galt als „Sensation“ in der Umgebung. Sehr populär wurde sie durch ihre Förderung und Anleitung des Laien-Theaterspiels im Ort.
1924 zog der gebürtige Schweizer Hans von Minckwitz als Lehrer nach Gehlberg. Er war vorher in Barcelona gewesen, weil er nach Abschluss seiner Ausbildung keine Anstellung gefunden hatte. Er beschäftigte sich viel mit Geschichts- und Heimatforschung.

091 Hans von MinckwitzAbb. 091
Hans von Minckwitz
Lehrer in Gehlberg (1924 - 1943), Heimatforscher und Autor "Ein Dorf im Walde" 
 
1939 schrieb er nach verschiedenen heimatkundlichen Artikeln in Zeitungen ein Büchlein mit dem Titel „Ein Dorf im Walde“, das über die Entwicklung Gehlbergs berichtete. Als er 1943 in das Elsass eingezogen wurde, vertrat ihn seine Frau Margarete und erteilte einen ausgezeichneten Unterricht.
Ab 1930 wurde der Fortbildungsunterricht in einen Berufsschulunterricht umgewandelt, den die Gräfenrodaer Berufsschullehrer Bradsch und Eisenach erteilten. Ebenso wie die 1937 durch Frl. Roth aus Oberhof gegründete Mädchenberufsschulklasse wurde auch die Jungenklasse aber bald aufgelöst. Die Jugendlichen besuchten anschließend die Fachklassen der Gräfenrodaer Berufsschule.
1937 wurde Richard Müllich pensioniert, Karl Biemüller wurde Schulleiter.

090 Stndchen Mllich
Abb. 090

Ständchen des Gesangsvereins für seinen langjährigen Leiter Müllich (rechts ohne Hut) zu seiner Silberhochzeit am 29.11.1925. Ganz rechts mit Zylinder: Wendelin Hartwigs Bruder August aus Riga.
⇒(EA116)WeltkugelFoto 
 
Von 1938 bis 1940 gab der NSDAP-Ortsgruppenleiter Kurt W. ein wenig erfreuliches Gastspiel als Lehrer der hiesigen Schule. Seinen Kollegen, den Kriegsinvaliden Oberlehrer Biemüller, versuchte er durch Denunziation aus dem Amt zu bringen. Als NS-Funktionär wurde er sofort Schulleiter. Bürgermeister Wiegand erreichte schließlich durch die Mithilfe der Opfer des 1. Weltkrieges, dass der Intrigant versetzt wurde.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Schulgebäude nachmittags und abends viel von den NS-Organisationen benutzt. Jungvolk, Hitlerjugend, Sturmabteilung (SA), Luftschutz und später auch der Volkssturm hielten ihre Veranstaltungen darin ab. Das gab häufig Anlass zu Beschwerden, hinterließ doch z. B. die SA die Klassenzimmer oft in liederlichem Zustand. Überall lagen Papier, Zigarettenstummel und leere Schachteln umher.
Da Gehlberg abseits der im Kriege bombardierten Städte lag, konnte hier der Unterricht relativ ungestört erteilt werden. In den letzten Kriegstagen wurde er allerdings eingestellt, weil die Amerikaner den Ort von Oberhof aus mit Artillerie beschossen. Außerdem waren die Klassenzimmer mit gesammelten Kleidungsstücken des sogenannten „Volksopfers“ belegt, einer der gegen Ende des Krieges immer häufiger verwendeten Verzweiflungsaktion des NS-Regimes.
Nach dem Einmarsch der Amerikaner am 9.4.1945 ruhte der Schulbetrieb endgültig.


⇒(EA1934-006) Buch Besuch weiterführender Schulen

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.