Chronik 1945 - ... (chronologisch)

1970

Autoren: K.-J. Schmidt bzw. Reinhard Schmidt (1970 bzw. 2024) 


Die Gemeindevertretersitzung vom 30. Januar befasste sich mit dem Volkswirtschaftsplan für 1970. Wesentliche Punkte waren:
- Belegungsquote Sommer/Winter:
  • FDGB 320/164;
  • Betriebsheime+Bungalows 320/320;
  • Privat 34/9.
  (Reisebüro kam nicht mehr vor)
- Bauen eines naturwissenschaftlichen Unterrichtsraumes;
- Polytechnisches Kabinett im VEB Schott einrichten bis 1.9.70;
- 4 Klassenräume an Warmwasser anschließen;
- Regelung der Schulspeisung mit Schott und FDGB;
- Straßenbeleuchtung (DLK Neuhaus kam 1969 Verpflichtung nicht nach).3)
Der Haushalt belief sich auf 273000 M.4)
Gemäß der am 20.09.1968 geäußerten Absicht war zu klären, ob im September die Klassen 9 und 10 in Gehlberg beschult werden können. Dazu wollte man den Schulrat einladen.5)

Am 19. Januar kündigt das Energiekombinat Süd die Druckfestmachung der Ferngasleitung und den Bau einer Regelstation an. Die Leitung führte vom Rondell bei Oberhof über das Schnabelbach und Langebach bis zur Regelstation vor der Bahnunterführung am Glöckchen. Von dort sollte eine neue Leitung hoch in den Ort zu einer neuzubauenden Regelstation am unteren Ortseingang führen. 19)

Der schon seit November 1969 vorhandene Schnee wurde durch ständige Neuschneefälle vermehrt und verursachte in der Nacht vom 1. zum 2. März durch hinzukommenden starken Wind erhebliche Schneeverwehungen. Das Haus Haselbrunn 7 war völlig zugeschneit. Die Bewohner mussten auch am Tage Licht brennen lassen. Selbst Mitte Mai lagen in vielen Gärten des Ortes noch große Mengen Schnees.


Abb. 1970-001
Artikel aus der Zeitung "Volk"
Der Schnee lag so hoch, dass die Züge nicht einmal den Brandleitetunnel erreichen konnten. Mangels geeigneter Technik war in dem schmalen Tal bis zum Tunnel Handarbeit angesagt. Die Soldaten der NVA (Nationale Volksarmee) nannten das "UB1" (Universalbagger 1).

Das Jahr 1970 war ein Wahljahr – und zwar zur Volkskammer am 22. März. Folglich gab es im Vorfeld wieder zig Versammlungen. Insgesamt 11 „Rechenschaftslegungen“ in Straßenversammlungen, Vereinen und Organisationen wurden durchgeführt.2)

Die Schulbegehung vom 26. April kritisierte der Personalsituation der Schule. Bereits seit Herbst 1969 leistete der Musik/Deutsch-Lehrer Erhard Schmidt den Grundwehrdienst bei der NVA. Nun sollte der erst nach Gehlberg versetzte Wilfried Ertel ab Herbst 1970 auch zum Grundwehrdienst einberufen werden. Ebenfalls aus personellen Gründen konnte z. Z. kein Hort angeboten werden, was sich erst im nächsten Schuljahr ändern sollte. VEB Schott sicherte zu, dass mit dem neuen Schuljahr ein größerer und eingerichteter Raum für dem Polytechnischen Unterricht der Klassen 7/8 zur Verfügung stehen würde. Nach wie vor war die Schieferung der Außenwände zu erledigen, die Heizungsanlage umzurüsten und der Fachraum für die Naturwissenschaften auszustatten. 15)

Eine Besichtigung der Abwasserrohre im Rossbach hatte im Mai Beschädigungen festgestellt, welche nur durch eine Fachfirma zu beheben gewesen wären.10)

Die HO-Textilverkaufsstelle (Hauptstraße 10a) stand in der Kritik, weil die Versorgung mit Alltagskleidung unbefriedigend war. Die HO-Verwaltung sagte dem Gemeinderat das Vorlegen einer Sortimentsliste zu, kündigte aber an, dass das Geschäft ab Januar 1971 dem „Konsum“ angegliedert würde.11)

Auch mit der Konsum-Fleischerei in der Elgersburger Straße gab es Sorgen. Das geschäftsführende Ehepaar Härter wollte eigentlich in Rente. Da es aber Probleme mit dem Nachfolger gab, arbeiteten diese mit verkürzten Öffnungszeiten weiter.12)


Am 22. Juni legte die Ständige Kommission Kultur und Erholungswesen ihre Arbeitsschwerpunkte fest:
  - 1970: Erweiterung des Kurparks
  - 1971: Generalreparatur des Waldbades
  - 1971/72: Bau eines Musikpavillons
  - 1973: Bau einer Sauna
  - 1974/75: Bau eines Cafes am Waldbad
Außerdem sprach man sich dafür aus, dass im Erholungsheim „Frieden“ nun endlich der Anbau eines Speiseraumes mit 250 Plätzen erfolgt.7)
 
 


 
Abb. 1970-006
Der Gehlberger Gesangsverein zum Sängerfest in Schleusingerneundorf

In ihrer Juli-Sitzung traf die Ständige Kommission Kultur und Erholungswesen die letzten Vorbereitungen für ein Waldbadfest am 9. September. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand wusste: Die Mühe war vergeblich, da das Wetter nicht auf der Seite der Organisatoren war.9)

Der Schneekopf, Hausberg der Gehlberger - und damit auch der 8-eckige Aussichtsturm - war schon seit 10 Jahren für die Bevölkerung nicht mehr zugänglich. Bereits 1958 war auf dem Gipfel ein zweiter (hässlicher) Turm mit Richtfunkanlagen für die DDR-Behörden entstanden. Seit 1960 richtete sich die Armee der UdSSR dort häuslich ein. Dabei störte der alte Aussichtsturm. Am 18.8. wurde der Gehlberger Aussichtsturm gesprengt. Stattdessen entstanden auf dem Berg große Abhöranlagen. Die Erbauung derselben zog sich über einen längeren Zeitraum hin und sorgte dafür, dass man in Gehlberg für eine Flasche Schnaps einen Zementtransport der „Russen“ (so wurden die sowjetischen Soldaten genannt) auf sein privates Gehöft umleiten konnte und damit den ständigen Mangel an Baumaterial umgehen konnte.

 
Zwar war der alte Aussichtsturm auf dem Schneekopf nun weg, so stand er noch immer im Kleinformat im Vorgarten der Hauptstraße 36 (Ottomar Schleicher).

1970 004 Schleicher 01 
Abb. 1970-004
In der Bildmitte ist im Hintergrund der alte Aussichtsturm auf dem Schneekopf dargestellt. Links im Hintergrund die Gehlberger Kirche.

1970 005 Schleicher 02Abb. 1970-005
Dieser Abschnitt schloss sich rechts an die Abb. 1970-004 an. Hier wird die alte Schneidemühle vor dem Schneetiegel dargestellt.


Im August war erneut die Müllablage am Rossbach ins Visier der Kommission Handel und Versorgung geraten. Allerding ging es diesmal darum, dass der Müll immer wieder an der Kante der Müllhalde abgeladen und nicht den Hang hinunter gekippt wurde. Die hauptsächliche Kritik galt aber der „Fäkalienablage“. Hinter dieser Bezeichnung verbarg sich eine natürliche Senke neben der alten Schmücker Straße zwischen Güldener Brücke und Wasserwerk, in welche man die Inhalte der Gehlberger Toilettengruben verschwinden ließ. Der Weg dorthin musste für die „Honigschleuder“, wie die Güllefahrzeuge salopp bezeichnet wurden, Instand gesetzt werden. Zudem musste talseitig der Damm der natürlichen Senke erhöht und die Senke selbst mit einem Stangenzaun umgrenzt werden.13)

 1970 010 FaekalienablageAbb. 1970-010

2024 032 FaekalienablageAbb. 2024-032
Blick auf die ehemalige "Fäkalienablage" im Jahr 2024



Die „Ständige Kommission Finanzen und Soziales“ der Gemeindevertretung führte in den 1970er-Jahren Kontrollen in den Gaststätten, Ferien- und Lebensmitteleinrichtungen durch. Im zweiten Halbjahr des aktuellen Jahres sah der Plan wie folgt aus:
- August: KG-Vst Lebensmittel (Konsum-Genossenschafts-Verkaufsstelle)
- September: Gaststätten „Daheim“ und „John Schehr“
- Oktober: Kommissionsgaststätten „Kaffee Schmidt“ und „Gaststätte Waldbad“
- November: Bachwarenbetrieb der KG, Betriebsteil Gehlberg
- Dezember: Gaststätten „Schmücke“ und „Bahnhofsgaststätte“6)
Im Rahmen einer ersten Auswertung im Oktober blieben das „Daheim“ und die Konsum-Verkaufsstelle ohne Beanstandung. Bezüglich der Gaststätte „Beerberg“ erging die Frage an den FDGB, wieso trotz vorangegangener Investitionen die Gaststätte seit Wochen nicht bewirtschaftet wurde. 7)

Zur Nachkontrolle der Schulbegehung am 30. August konnte festgestellt werden:  
Die Arbeiten an der Warmwasserheizung können bis Oktober abgeschlossen werden. Nur das Gewächshaus muss später angeschlossen werden.
-  Die 1969 beschlossene Erneuerung der Elektroinstallation wurde erledigt.
Der naturwissenschaftliche Fachraum ist fertig eingerichtet. 
Die Instandsetzung der Schieferwände wird 1970 nicht mehr erfolgen können. 16) 


Im September beklagte sich der Bürgermeister beim Rat des Kreises, weil die Schule eine viel zu geringe Zuweisung an Braunkohle erhalten hatte. 17)

Im November konstatierte die Kommission Handel und Versorgung, dass sich der Umbau der Konsum-Verkaufsstelle (Hauptstraße 28) positiv auf den Umsatz bezüglich Fleisch-, Wurst- und Milchprodukten ausgewirkt hatte. Angesichts der Verschlechterung des Gesundheitszustandes suchte man nach einem Ersatz für den Scheidtschen Laden (Arlesberger Straße 17). Für den 15.01.1971 war deshalb die Eröffnung einer Konsum-Drogerie in der Hauptstraße 22 geplant. Diese sollte die Haushaltschemie und Kosmetik aus dem Lebensmittel-Konsum in ihr Sortiment übernehmen.14)

Am 1. Dezember trat die neue Kurtax-Ordnung in Kraft. Gemäß dieser hatten Individual-Urlauber eine Gebühr von 0,40 M/Tag zu entrichten. Für in Ferienobjekten untergebrachte Urlauber bezahlten diese Objekte eine jährliche Pauschale.1)

Im Dezember gab es eine briefliche Auseinandersetzung zwischen dem Schulleiter der POS in Gräfenroda und dem Rat der Gemeinde Gehlberg. Ausgangspunkt war der Antrag eines Gehlberger Elternhauses, welches die Fahrtkosten für ihr Kind von der POS Gräfenroda erstattet bekommen wollte. Die Schule entgegnete, dass sie immer mehr Fahrschüler, aber ein zu geringes Finanzbudget habe. Die Schule wand sich an die Gemeinde und erbat eine Beteiligung in Höhe von 1200 Euro/Jahr, weil die Gemeinde zu spät die Fahrschüler gemeldet habe. Der Rat der Gemeinde lehnte das Ansinnen unter Berufung auf geltende Regelungen ab. 18)

Auf den 1. Dezember ist eine Vereinbarung des Energiekombinats Süd mit dem Rat der Gemeinde datiert. Danach sollte eine 10 kV-Erdleitung von der Station neben dem Jonny Schehr über den Mühlweg, Nordstraße zur Kuppelstation in der Schulstraße und von dort weiter über den Schulrand zwischen Hauptstraße 38/40 bis zur Kuppelstation gegenüber dem Gemeindeamt gelegt werden. 20)


1) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 449 . 24.11.1970
2) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 450 . 30.01.1970 . Beschluss 49
3) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 450 . 30.01.1970 . Entwurf Beschluss 47 über den Volkswirtschaftsplan 1970
4) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 450 . 30.01.1970 . Beschluss 48 Haushaltsplan 1970
5) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 450 . 30.01.1970 . Protokoll über die Sitzung der örtlichen Volksvertretung am 30.01.1970
6) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 841 . 18.08.1970 . Maßnahmeplan des Preisaktivs der Ständigen Kommission Finanzen
7) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.2 . lfd. Nr. 841 . 16.10.1970 . Protokoll über die Sitzung der Finanz- und Sozialkommission
8) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.1 . lfd. Nr. 840 . 22.06.1970 . Protokoll über die Sitzung der ständigen Kommission Kultur und Erholungswesen
9) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.1 . lfd. Nr. 840 . 25.07.1970 . Protokoll über die Sitzung der ständigen Kommission Kultur und Erholungswesen
10) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.1 . lfd. Nr. 838 . 12.05.1970 . Protokoll über die Sitzung der ständigen Kommission Handel und Versorgung
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1) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.1 . lfd. Nr. 838 . 20.05.1970 . Protokoll über die Sitzung der ständigen Kommission Handel und Versorgung
12) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.1 . lfd. Nr. 838 . 28.05.1970 . Protokoll über die Sitzung der ständigen Kommission Handel und Versorgung
13) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.1 . lfd. Nr. 838 . 23.08.1970 . Protokoll über die Sitzung der ständigen Kommission Handel und Versorgung
14) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.1 . lfd. Nr. 838 . 04.11.1970 . Protokoll über die Sitzung der ständigen Kommission Handel und Versorgung
15) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.9 . lfd. Nr. 645 . 26.04.1970 . Schulbegehung
16) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.9 . lfd. Nr. 645 . 30.08.1970 . Nachkontrolle zur Schulbegehung
17) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.9 . lfd. Nr. 645 . 14.09.1970 . Schreiben des Bürgermeisters an den Rat des Kreises
18) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.9 . lfd. Nr. 645 . Schriftverkehr zwischen POS Gräfenroda und Rat der Gemeinde Gehlberg vom 03., 10. Und 11.12.1970
19) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.13 . lfd. Nr. 491 . 19.01.1970 . Schreiben des VEB Energiekombinat Süd
20) Stadtarchiv Suhl . Signatur 3.4.11.13 . lfd. Nr. 491 . 01.12.1970 . Vereinbarung Energiekombinat Süd

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